Zu viel geredet: Knox-Richter hat jetzt Probleme

Richter Alessandro Nencini bei der Urteilsverkündung. Wie es zu dem Urteil kam, erklärte er später ausführlich in einem Zeitungsinterview.
Richter Alessandro Nencini bei der Urteilsverkündung. Wie es zu dem Urteil kam, erklärte er später ausführlich in einem Zeitungsinterview.(c) APA/EPA/MAURIZIO DEGL'INNOCENTI
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Der Richter hatte sich über die Urteilsfindung geäußert und damit den Zorn der Justizministerin und des Angeklagten Raffaele Sollicito auf sich gezogen.

Der Richter im jüngsten Mordprozess gegen Amanda Knoxund ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito in Florenz, Alessandro Nencini, hat sich mit Interviews nach dem Urteil in Italien Probleme eingehandelt. Justizministerin Annamaria Cancellieri hat eine Untersuchung gegen den Richter einleiten lassen und Beamte nach Florenz geschickt, die der Sache nachgehen sollen.

In Interviews hatte Nencini das Urteil im Mordprozess kommentiert und detailliert über die Urteilsfindung berichtet. Außerdem hatte er Kritik an der Verteidigungsstrategie Sollecitos geübt. Dieser hatte vor Gericht nicht ausgesagt, sondern lediglich seine Schuldlosigkeit beteuert. Den Mord an der Britin Meredith Kercher, für den die US-Amerikanerin Knox und Sollecito am Donnerstag zu 28 bzw. 25 Jahren Haft verurteilt worden waren, bezeichnete der Richter als "Sache unter Jugendlichen".

"Unerhört, dass Richter Urteil kommentiert"

"Es tut mir leid, wenn meine Worte an dieser Stelle zu Missverständnissen geführt haben", erklärte Nencini, der von den Anwälten Sollecitos scharf kritisiert wurde. "Es ist unerhört, dass ein Richter das Urteil kommentiert, bevor die Urteilsbegründung drei Monate nach dem Prozess offiziell veröffentlicht wird. Die Verteidigungslinie eines Angeklagten darf darüber hinaus niemals von einem Richter kommentiert werden", sagte Sollecitos Anwältin Giulia Bongiorno.

Sowohl Sollecito als auch Amanda Knox wollen gegen das Urteil berufen. Der Italiener war wegen eines Kärnten-Ausflugs unmittelbar vor seiner Verurteilung durch das Berufungsgericht mit Kritik konfrontiert worden.

Sollecito will nicht aufgeben, wie er in einem Interview gegenüber CNN sagte: "Ich muss weiterkämpfen". Das Urteil war für ihn "unwirklich". Auch die Aussagen des Richters seien für ihn schockierend gewesen. Er verstehe nicht, wie man ihm vorwerfen könne, er hätte nicht ausgesagt. Er sei vor Gericht gewesen, um den Richtern Rede und Antwort zu stehen. "Doch das Gericht stellte keine Fragen", sagte auch sein Anwalt John Q. Kelly.

"Es liegt nichts gegen mich vor und sehr wenig gegen Amanda (Knox, Anm.). Ich möchte nicht für die Taten anderer Leute bezahlen", sagte Sollecito im Fernsehen.

(APA)

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