Gaukeln wir uns doch kurz die heile Skiwelt vor.
Die Durststrecke ist beendet, Österreich darf endlich wieder einen Olympiasieger in der Abfahrt bejubeln. Wer es im alpinen Skisport hierzulande wirklich zu Ruhm und Ehre bringen will, der muss schon in der „Königsdisziplin“ triumphieren, denn dort hängen die Medaillen doch besonders hoch. Seit 2002 war das rot-weiß-rote Powerteam ausgerechnet in jener Disziplin, die wir so gern für uns beanspruchen, sieglos – eine Schmach, die es endlich zu tilgen galt. Jetzt jubiliert das Land der Möchtegernalpinisten und Hobbyskilehrer, weil sie es alle ja immer schon gewusst haben: Der Sieg kann nur über uns Österreicher führen. Weil es irgendeinen Mayer schon hereinschneien wird. Zum Teil zur Verwunderung von ausländischen Journalisten, die zunächst sogar eine Verwandtschaft zu Hermann Maier vermuteten.
Hoch oben über Sotschi kam Matthias Mayers große Stunde. Kein Abfahrtshaudegen im klassischen Sinn, sondern ein Fahrer mit dem nötigen Feingefühl und mit dem nötigen Schmalz. Ein Draufgänger auf den zweiten Blick. Der 23-jährige Kärntner hat sich in den vergangenen Tagen die Kräfte gut eingeteilt und im Training zwar aufgezeigt, wurde aber nicht als absoluter Topfavorit gesehen. Zum Unterschied zu Bode Miller und Aksel Lund Svindal. Die beiden Routiniers sind in der Olympia-Abfahrt 2014 leer ausgegangen. Sie werden sich im Super-G mit Sicherheit revanchieren wollen. Das „Rennen aller Rennen“ jedoch hat Matthias Mayer gewonnen. Vergessen wir aber bei aller Euphorie nicht, dass es nur ein Skirennen war.
wolfgang.wiederstein@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2014)