Steuergesetz: Kleine „Deals“ unter Freunden

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Im ÖVP-Konflikt hat sich Christoph Leitl durchgesetzt: GmbH und Gewinnfreibetrag werden gelockert, NoVA wird entschärft. Die SPÖ wurde mit einem Tauschgeschäft ins Boot geholt.

Wien. Am Ende waren alle zufrieden: Der ÖVP-Wirtschaftsbund erreichte steuerliche Erleichterungen für seine Klientel, Michael Spindelegger bekam innerparteilichen Frieden und die SPÖ ihr Tauschgeschäft in Form von Gratiszahnspangen. Dem Steuererhöhungspaket, offiziell Abgabenänderungsgesetz genannt, steht damit nichts mehr im Weg: Heute, Donnerstag, passiert es den Finanzausschuss im Parlament und Ende Februar den Nationalrat.

Das letzte Hindernis wurde am Mittwochvormittag überwunden. Da gab das Wirtschaftsbund-Präsidium rund um Christoph Leitl dem überarbeiteten Entwurf seinen Segen. Verwunderlich war das nicht mehr: Finanzminister Michael Spindelegger hatte dem Wirtschaftsflügel seiner Partei (beinahe) alle Wünsche erfüllt. Das Gesetz wird demnach in mehreren Punkten entschärft bzw. adaptiert.


•Die 2013 geschaffene GmbH light bleibt zumindest teilweise bestehen. Ein Betrieb kann bereits mit einem Stammkapital von 10.000Euro gegründet werden (davor waren es 35.000 Euro). Außerdem zahlt der Jungunternehmer zehn Jahre lang weniger (Mindest-)Körperschaftsteuer: in den ersten fünf Jahren 500 Euro pro Jahr, in den zweiten fünf Jahren 1000 Euro, ab dem elften Jahr dann 1750 Euro.

Andererseits dürfen bestehende Firmen ihr Kapital nicht mehr herabsetzen, um Steuern zu sparen. Und neu gegründete Betriebe müssen ihr Stammkapital binnen zehn Jahren auf 35.000 Euro aufgestockt haben. Die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung, dafür jährlich ein Viertel des Gewinns zurückzulegen, hat der Wirtschaftsbund erfolgreich aus dem Gesetz reklamiert.

•Nachgebessert wird auch beim Gewinnfreibetrag für Selbstständige. Bis zu einem Jahresgewinn von 30.000 Euro wird der Freibetrag weiter gewährt; darüber nur dann, wenn in den Betrieb investiert wird oder Wertpapiere gekauft werden. Die zweite Möglichkeit sollte – befristet bis 2016 – gestrichen werden. Nach Protesten stimmte die Regierung auch hier einem Kompromiss zu: Wohnbauanleihen werden von der Regelung ausgenommen.

•Bei der Normverbrauchsabgabe (NoVA) wird doch ein „Deckel“ eingezogen: Der Höchststeuersatz beträgt im neuen Gesetzesentwurf 32Prozent des Nettokaufpreises. Für Pkw mit überdurchschnittlichem CO2-Ausstoß, also mehr als 250 Gramm pro Kilometer, erhöht sich die NoVA um 20Euro pro Gramm. Der Steuerbonus für Autos mit umweltfreundlichem Antriebsmotor (z.B. Hybrid) wird um ein Jahr bis Ende 2015 verlängert, die Besteuerung von Benzin- und Diesel-Pkw schrittweise angeglichen.

•Darüber hinaus durfte sich Leitl, der Spindelegger in der Vorwoche scharf kritisiert hat, über ein weiteres Zugeständnis freuen: Der vom Wirtschaftskammer-Chef geforderte Handwerkerbonus, eine Maßnahme gegen Schwarzarbeit, wird ab Juli eingeführt. Bis Jahresende werden zehn Millionen Euro ausgeschüttet. Ab 2015 sind dann jährlich 30 Millionen dafür vorgesehen.

Im Regierungsprogramm steht der „Sanierungsbonus zur Absetzbarkeit von Handwerkskosten bis 6000 Euro“ eigentlich unter Budgetvorbehalt. Doch so schnell kann es gehen. Im Gegenzug setzte die SPÖ, die laufend in die Gespräche zwischen Finanzministerium und Wirtschaftsbund eingebunden gewesen war, eine ihrer Wahlkampfforderungen durch: Gratiszahnspangen für Kinder bis zum 18.Lebensjahr (siehe Bericht unten).

„Budgetziele nicht gefährdet“

Die Budgetziele der Regierung, allen voran ein strukturelles Nulldefizit im Jahr 2016, seien durch die Änderungen „nicht gefährdet“, versicherte Finanzstaatssekretär Jochen Danninger am Mittwoch der „Presse“. Denn der Gewinnfreibetrag für Selbstständige, die Reform der GmbH light und der Handwerkerbonus würden aus den sogenannten Offensivmitteln zum Ankurbeln der Wirtschaft finanziert. 2014 und 2015 seien dafür jeweils 100 Millionen Euro budgetiert.

Die Nachbesserungen bei der NoVA sind laut Danninger kostenneutral: Die geplanten Steuereinnahmen würden dadurch nicht verringert. Insgesamt soll das Abgabenänderungsgesetz heuer 770 Millionen Euro in den Staatshaushalt spülen, ab 2015 erwartet die Regierung jährlich 1,2 Milliarden Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2014)

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