Gestohlene Pässe entfachen Sicherheitsdebatte

Ein großer Bildschirm in Peking zeigt an, wie lange schon nach dem Malaysian Airlines-Flug MH370 gesucht wird.
Ein großer Bildschirm in Peking zeigt an, wie lange schon nach dem Malaysian Airlines-Flug MH370 gesucht wird.(c) REUTERS
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Die malaysischen Sicherheitssysteme haben versagt. Bei der Einreise von Nicht-EU-Bürgern auf österreichischen Flughäfen gibt es einen automatisierten Fahndungsabgleich.

Zwei Passagiere bestiegen mit von Europäern gestohlenen Pässen die malaysische Boeing MH370. Seit Freitag wird das Flugzeug vermisst. Die Dokumente waren seit vielen Monaten als gestohlen gemeldet. Weder den Grenzbeamten noch den Mitarbeitern der Fluggesellschaft Malaysia Airlines schien etwas aufgefallen zu sein.

"Mir ist das ein Rätsel. Wie können sie nicht nachgedacht haben? Ein Italiener und ein Österreicher mit asiatischen Gesichtszügen?", zitierte die Nachrichtenagentur Bernama den malaysischen Innenminister Datuk Seri Zahid Hamidi. Die beiden verdächtigen Passagiere wurden vor dem Einsteigen von Sicherheitskameras am Flughafen gefilmt. Wenige Stunden später widersprach jedoch der Chef der Zivilluftfahrtbehörde: "Wir haben die Videos untersucht und noch mal untersucht, und auch die Fotos - wir gehen jetzt davon aus, dass die Männer keine asiatischen Gesichtszüge haben." Die Verdächtigen würden eher wie der italienische Fußballspieler Mario Balotelli aussehen, fügte Azharuddin Abdul Rahman zum Erstaunen der answesenden Journalisten hinzu. Die unklaren Äußerungen über das Äußere der zwei Männer verstärkt den chaotischen Eindruck, den die malaysischen Behörden im Zuge der Suche nach dem Flugzeug der Malaysian Airways hinterlässt.

Pass-Paradies Thailand

Für Sicherheitsexperten kam die Information nicht überraschend, dass beide Pässe in Thailand abhandenkamen. Das Land hat seit zwei Jahrzehnten einen Ruf als Umschlagplatz für gestohlene Reisedokumente. Banden aus Südostasien organisieren das Geschäft mit den Pässen in enger Kooperation mit Verbrechergruppen aus Europa, wie thailändische Ermittler berichten.

Interpol versucht mit seiner Datenbank dagegenzuhalten. Sie wurde nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA eingerichtet. Mittlerweile führt die Polizeiorganisation eine Liste mit mehr als 40 Millionen Einträgen. Zwar wird die Datenbank 800 Millionen Mal im Jahr aufgerufen, allerdings entfallen alleine auf die USA fast ein Drittel (250 Millionen) der Zugriffe, wie Interpol weiter mitteilte. Solange nicht mehr Länder die Daten nutzen, dürften es noch mehr Passagiere mit gestohlenen Pässen in internationale Flüge schaffen.

Automatischer Datenabgleich in Österreich

Alle Passagiere von Flügen aus Österreich in Länder, die nicht dem Schengener Abkommen beigetreten sind, müssen sich vor der Abreise einer Passkontrolle unterziehen, erklärte Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Montag. Die Pässe werden dabei optisch kontrolliert. Das Lichtbild wird mit dem Aussehen des jeweiligen Reisenden verglichen und außerdem wird das Dokument auf eine etwaige Fälschung hin überprüft.

Bei der Einreise von Nicht-EU-Bürgern auf österreichischen Flughäfen gebe es neben der optischen Passkontrolle auch einen automatisierten Fahndungsabgleich des Reisedokuments im Computer. Bei der Ausreise von sogenannten Drittstaatsangehörigen aus Österreich ist dies laut Innenministerium nicht vorgeschrieben, die betreffenden Pässe würden an den heimischen Flughäfen aber dennoch prinzipiell auch mit dem Fahndungssystem abgeglichen.

40 Millionen Dokumente gemeldet

Jeder als gestohlen gemeldete Reisepass wird im sogenannten Schengen-Informationssystem registriert. Dieses ist außerdem an die Interpol-Datenbank angebunden. Laut Grundböck sind derzeit von Österreich aus rund 157.000 als gestohlen oder vermisst gemeldete Reisepässe in den Computer eingegeben. In dieser Zahl seien sowohl Ausweise von Österreichern als auch hierzulande angezeigte Verluste von ausländischen Pässen enthalten. Auch jener in Thailand gestohlene Pass eines Salzburgers, mit dem der Passagier in Kuala Lumpur an Bord des nun vermissten Flugzeugs gegangen sein dürfte, fand sich demnach im System. International seien zur Zeit insgesamt rund 40 Millionen abhandengekommene Dokumente (Pässe, Führerscheine usw.) im Fahndungscomputer registriert, so Grundböck.

Der Zugriff auf den Fahndungscomputer ist nur den zuständigen Behörden gestattet, die in Österreich dem Innenministerium unterstellt sind. Das Flughafen- und Airlinepersonal kann sich allerdings bei Verdachtsmomenten an die Polizei wenden. Innerhalb des Schengenraums gibt es keine generellen Grenz- und Ausreisekontrollen, so auch auf Flügen zwischen Schengen-Staaten. Allerdings wird auf Flughäfen weiterhin stichprobenartig überprüft.

(APA/dpa)

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