Poker um die Nachfolge von Jank

SITZUNG �VP-LANDESPARTEIVORSTAND: JANK
SITZUNG �VP-LANDESPARTEIVORSTAND: JANK(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die erste Frau an der Spitze der Wiener Wirtschaftskammer geht, die Kandidaten bringen sich in Stellung. Auf den Nachfolger von Brigitte Jank wartet jedenfalls viel Arbeit.

Schlussendlich wurde es Brigitte Jank zu viel: Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer, Stellvertreterin von Christoph Leitl in der Österreichischen Wirtschaftskammer, Mitglied im Wiener VP-Vorstand, Chefin des Wiener VP-Wirtschaftsbundes, Präsidiumsmitglied beim Fußballklub Wiener Austria, dazu eine eigene Firma im Immobilienbereich und seit rund drei Monaten Nationalrätin – zuständig für das (für die ÖVP wichtige) Thema Bildung, das intensiv betreut werden muss.

Kein Wunder, dass Jank am Wochenende offiziell bestätigt hat: Ja, sie werde sich von der Spitze der Wiener Wirtschaftskammer und dem VP-Wirtschaftsbund bis Juni zurückziehen, also nicht mehr bei der Kammerwahl in einem Jahr antreten. Sie wolle dieses Amt in jüngere Hände geben, erklärte die 62-Jährige.

Am Mittwoch treffen einander die Wirtschaftsbundspitzen, um erstmals über die Jank-Nachfolge zu beraten – diese soll in zwei Wochen (24. März) offiziell erfolgen. Dieses Treffen ist deshalb auch außerhalb der Kammer von Bedeutung, weil der Wirtschaftsbund in der Wiener VP meist die Linie vorgibt.

Bisher hat sich nur ein Kandidat aus der Deckung gewagt: Robert Bodenstein, Obmann der Fachgruppe Unternehmensberatung und IT, hat am Sonntag öffentlich erklärt, er werde kandidieren. Damit hat er Janks Rückzug öffentlich gemacht, Partei und Präsidentin dem Vernehmen nach überrumpelt und verärgert – Jank soll die definitive Entscheidung über ihren Rückzug erst kurz zuvor getroffen haben. Er habe sich selbst aus dem Rennen geschossen, ist in der Wiener VP dazu zu hören.

Damit gilt als heißester Kandidat Walter Ruck, Chef der Sparte Gewerbe und Handwerk. Diese Sparte ist die Machtzentrale des VP-Wirtschaftsbundes, sie hat die meisten Fachgruppen und bringt dem Wirtschaftsbund die meisten Stimmen. Mit dieser Hausmacht würde definitiv kein Weg an Ruck vorbeiführen, heißt es in Kammerkreisen. Gegenüber der „Presse“ meinte Ruck viel sagend: Derzeit gebe er dazu keinen Kommentar ab. Am Mittwoch (wenn die Parteispitzen zwecks Nominierung tagen) werde er sich äußern.

Außenseiterchancen werden noch zwei weiteren Kandidaten eingeräumt: einerseits Janks Stellvertreter Paulus Stuller. Er gilt als honorig, als klassischer Kompromisskandidat, er würde aber nicht jenen Generationswechsel symbolisieren, den viele im Wirtschaftsbund gern hätten, sondern wäre eine Übergangslösung. Falls der Wirtschaftsbund eine Frau als Nachfolgerin möchte, gilt die Wiener Gemeinderätin Isabella Leeb als Kandidatin. Nur: Sie verfügt im Wirtschaftsbund über keine Hausmacht.

Mit Jank tritt nach zehn Jahren die erste Frau an der Spitze der Wiener Wirtschaftskammer ab. In ihre Amtszeit fielen der verstärkte Ausbau der Wirtschaftskammer in Richtung Servicebetrieb für Unternehmen, sie verhandelte mit Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner auch einige Verbesserungen für die Wiener Wirtschaft. In ihre Amtszeit fiel aber auch die Pleite der Immo-Fonds-Gruppe R-Quadrat, in die die Kammer rund zehn Millionen Euro Mitgliedsbeiträge investiert hatte – also Millionen bei einer Fehlspekulation verlor. Eine enge Achse zu Bürgermeister Michael Häupl wie ihr Vorgänger, Walter Nettig, konnte und wollte sie nicht aufbauen.

Jank gilt als betont korrekt. Wobei ihre Prioritäten (zum Leidwesen der Wiener VP-Chefs) immer klar waren: Zuerst kommt die Wirtschaft, dann die Wiener VP. In ihrer Hauptfunktion lieferte sie sich heftige Auseinandersetzungen: in Wien mit City-Bezirkschefin Ursula Stenzel, die laufend (auch) den Wirtschaftsverkehr beschränken wollte, mit den Grünen über die Neugestaltung der Mariahilfer Straße (Stichwort: Einschränkungen für Betriebe), auf Bundesebene stellte sie sich auch gegen Parteichef Michael Spindelegger, indem sie sich für die Gesamtschule aussprach – wenn es die Betroffenen wollen.
Janks Nachfolger tritt kein einfaches Erbe an. Bei der Kammerwahl in einem Jahr gehen auch die Neos an den Start. Das könnte den VP-Wirtschaftsbund die absolute Stimmenmehrheit kosten (zuletzt waren es rund 51 Prozent). In der Praxis dürfte die VP-Fraktion (aufgrund des Wahlsystems) trotzdem ihre Mehrheit halten können (derzeit rund 60 Prozent an Mandaten).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2014)

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