"Barbarischer Brauch" oder ethisch korrekt?

GERMANY ANIMALS WINTER
GERMANY ANIMALS WINTER(c) EPA (Ursula Dueren)
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Der Verzehr von Biber ist ein heikles Thema. Heute kommen die Körper der veganen Nager in die Tierkörperverwertung, nicht auf den Teller. Noch?

Das Fischereirevier Freistadt hat sich kürzlich keine Freunde gemacht: Anlässlich der Fastenzeit gab man das Kochbuch „Angelfische aus Südböhmen und dem Mühlviertel – einfach zubereitet“ heraus. Die Nachricht, dass darin (als historisch gekennzeichnete) Rezepte wie Fischotter in Oberssauce oder Kormoran mit Linsen zu finden seien, sorgte in lokalen Medien für Aufregung. Die Tierschutzorganisation Pfotenhilfe verstand das bloße Veröffentlichen solcher Rezepte offenbar als Aufruf zum unverzüglichen Ausschwärmen zur Jagd auf Kormorane und fühlte sich zu einer Aussendung verpflichtet: „Unabhängig davon, dass diese Tiere geschützt sind, ist dies aus heutiger Sicht abzulehnen, denn es handelt sich dabei um einen barbarischen Brauch, der in der heutigen Zeit nichts verloren hat.“

Als sehr heikel und emotional nimmt derzeit der Koch Max Stiegl, der noch bis Ostern auf Gut Purbach ein Fastenmenü nach alten Rezepten anbietet, das Thema Biber wahr. Er könnte sich prinzipiell vorstellen, während dieser wenigen Wochen im Jahr Biberfleisch zu verarbeiten – sollte es für die Küche legalisiert werden. So weit ist man aber noch nicht. „Biber werden gefangen und eingeschläfert, weil sie Schäden anrichten, und kommen dann in die Tierkörperverwertung. Das ist doch ethisch nicht korrekt, es wäre sinnvoller, dieses Fleisch gleich zu nützen und es zu verkochen. Und ich halte es für falsch, dass man per Internet Biberschwanz aus Kanada bestellen darf, während der heimische Biber in der Küche verboten ist.“

Der Verzehr von Biber – Codename: Wasserhase – hat in Gegenden rund um Wasserlandschaften durchaus Tradition. Und zwar nicht nur in der Fastenzeit, und nicht nur in Österreich: Bei einer Tagung von Biberberatern im deutschen Neuburg an der Donau etwa wurde Biberrollbraten mit Spätzle serviert. Das Gerücht von Biberfleisch in Tiefkühltruhen von Haushalten in Augebieten wird so falsch nicht sein. Denn auch, wenn man Jäger off the record fragt, ob sie sich vorstellen können, Biber zu jagen und zu zerwirken, bekommt man bejahende Antworten. Das Fleisch des veganen Nagers sei wunderbar, wie Wildschwein.

Warum das Dokumentieren von heimischer Kochgeschichte (wie im eingangs erwähnten Buch) barbarisch sein soll, die Entsorgung statt kulinarischer Nutzung von ohnehin anfallendem Fleisch jedoch nicht, ist fraglich. Man könnte Max Stiegls leisen Wunsch nach der Legalisierung von Biberfleisch in gewissen Wochen auch im Sinne der Nachhaltigkeit betrachten statt ihn reflexhaft zu verurteilen. Und die Entscheidung, ob man Biber isst oder nicht, bleibt dann noch immer jedem selbst überlassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2014)

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