Kletterabenteuer vor dem TV

Spielkonsole
Spielkonsole(c) Michaela Bruckberger
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Nintendo machte es vor und nun folgen so gut wie alle Konsolenhersteller: Fitnessspiele verbinden mit Sport und Wohnzimmer zwei scheinbare Gegensätze und locken damit neue Nutzer.

Als Nintendo 2007 seine neue Spielkonsole Wii mit einem Fitnessbrett kombinierte, war das eine kleine Revolution für die Branche. Die Kombination aus Gesundheit und unkomplizierter Spielerei lockte Scharen neuer Nutzer, die sich zuvor kaum für eine Spielkonsole interessiert hatten. Das Ergebnis: 23Millionen verkaufte Exemplare katapultierten Wii Fit auf Rang drei der am häufigsten verkauften Konsolenspiele. Die Wii wurde zu einem Kassenschlager und stellte Xbox 360 und Playstation in den Schatten.

Es ist also Nintendo zu verdanken, dass ein Videospiel auf die Bewegungen eines Spielers vor dem Fernseher reagiert. Das funktioniert über eine kleine Fernbedienung mit Bewegungssensor, die entweder in die Hand genommen wird und dort beispielsweise auch virtuelle Tennisschläger steuert – oder in die Hosentasche gesteckt wird, um Körperbewegungen zu registrieren.

Die zweite Wii-Fit-Zutat ist das sogenannte Balance Board, das Fußbewegungen registriert und gleichzeitig als Waage dient. Via Fernseher werden dann beispielsweise Yoga-Übungen vorgegeben und der Spieler erhält sofort Feedback, wenn er auf dem Board etwa zu sehr wackelt. Spaßig wird es, wenn Balance- und Kraftübungen in herzige Spielchen verpackt werden. Zum Beispiel in ein Comic-Golf, Skifahren oder in einen Hindernislauf. Die Spielkonsole lobt, mahnt und fasst die Leistung eines Spielers in Statistiken zusammen.


Sportliches Alter Ego.
Seit Ende 2012 gibt es den Nachfolger der Wii, die Wii U, die sich allerdings als Ladenhüter entpuppt hat. Warum? Vielleicht, weil eine neue Version von Wii Fit bis heuer auf sich warten ließ. Andere Anbieter haben längst aufgeholt. Microsofts Xbox arbeitet mit einer speziellen Bewegungskamera, die aus der Ferne jede Körperbewegung exakt erfasst und sogar den Puls messen kann. Board und Fernbedienung sind nicht notwendig. Verspieltere Nutzer können ihren Körper für Kinect Sports Rivals von der Xbox One scannen lassen. Dann wird ein virtuelles Alter Ego erstellt, das von Körperbewegungen vor dem Fernseher gesteuert in abenteuerlichen Disziplinen wie Klettern gegen ebenfalls gescannte Freunde antritt.

Wer es lieber sportlicher will, der wird vielleicht eher Zumba Fitness World Party spielen. Dabei geht es um einen klassischen Zumbakurs: Auf dem Bildschirm werden die Schritte von virtuellen Instruktoren vorgetanzt und der Spieler wird von der Konsole dabei beobachtet, wie er versucht, die Schritte nachzutanzen. Das Spiel gibt es auch für Nintendos Wii U und Sonys Playstation und hier wird der Unterschied sofort deutlich: Während die Xbox One über Kinect jede Muskelregung exakt erfassen zu scheint, registrieren Wii U und Playstation über die eingesteckte Fernbedienung nur grobe Bewegungsabläufe – das Feedback der Konsolen fällt dementsprechend unterschiedlich aus.

Wii Fit für unterwegs.
Die Stärke der Wii liegt also nach wie vor in dem Balance Board von 2007, das auch mit der neuen Konsole verwendet werden kann. Und das erst kürzlich erschienene Wii Fit U setzt auf ähnliche Details wie das Vorgängerspiel. Neu ist ein kleiner Schrittzähler, den der Spieler im Alltag mit sich tragen soll, um die Fitnessstatistiken auf der Konsole komplett zu halten. An den Funktionsumfang moderner Fitnessarmbänder, die auch Strecken, Distanz und mittlerweile sogar Puls aufzeichnen, reicht das Wii Fit Meter allerdings nicht heran.


Schweißtreiber.
Fitnessspiele für Konsolen sprechen in der Regel eher Anfänger an. Eine Ausnahme ist Xbox Fitness. Wer statt im Fitnesscenter lieber daheim im Wohnzimmer von Trainern angebrüllt wird und sich schweißgebadet über Teppich und Parkett wälzt, ist hier richtig. Das werden aber wohl die wenigsten Krafttrainingfans machen.

Fitnessspiele auf der Konsole müssen einfach sein, verspielt und mehr Spaß machen als Schweiß treiben. Das hat Nintendo 2007 ganz richtig erkannt und vielleicht gelingt es dem Nachfolger Wii Fit U, auch die Verkäufe der glücklosen Konsole Wii U anzukurbeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2014)

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