Rätselhafter Dokumentarfilm

„Kurz – Der Film“ mit geschönten Besucherzahlen? „Diffamierung“

  • Drucken

Rund 4000 Menschen sollen am ersten Wochenende den wohlwollenden Dokumentarfilm „Kurz“ gesehen haben. Oder nicht? Der „Falter“ berichtet von ominösen Massen-Ticketkäufen und leeren Plätzen. Die Produktionsfirma erhebt schwere Vorwürfe gegen die Wochenzeitung.

„Kurz – Der Film“ von Regisseur Sascha Köllnreiter gibt Rätsel auf. Recht überraschend, auch für die Filmbranche, kam er Anfang September in die Kinos – wenige Wochen vor der mit Spannung erwarteten kritischen Sebastian-Kurz-Doku „Projekt Ballhausplatz“ von Regisseur Kurt Langbein. Nicht nur der Zeitpunkt der Veröffentlichung, auch die Finanzierung von „Kurz – Der Film“ warf Fragen auf: Er kam völlig ohne Fördergelder aus, was extrem unüblich ist. Bei der Premiere zum 6. September im Wiener Artis-Kino kam zahlreiche türkise Polit-Prominenz, darunter Kurz selbst, die Ex-ÖVP-Minister Gernot Blümel und Elisabeth Köstinger. „Durchaus wohlwollend inszeniert, aber nicht unkritisch“, urteilte die „Presse“ über „Kurz – Der Film“. Nach dem ersten Wochenende im Kino gab die Produktionsfirma Opus-R bekannt, dass 4000 Besucher die Doku gesehen hätten.

Diese Zahl zieht die Wochenzeitung „Falter“ nun in Zweifel: Sie berichtet in ihrem Newsletter am Dienstag unter Berufung auf Mitarbeiter der Kinokette Cineplexx, dass die Besucherzahlen geschönt seien. Die Produktionsfirma Opus-R habe Karten für den eigenen Film gekauft – „massenweise“, so der „Falter“.

Auch konkrete Fälle werden genannt: Eine Kinomitarbeiterin habe am ersten Wochenende nach Filmstart 90 Tickets für eine Vorstellung eingebucht, zu einem Sonderpreis von 5,50 pro Karte, wie es für Schulklassen oder Sonderveranstaltungen üblich sei. Und das zu einem sehr seltsamen Zeitpunkt, nämlich eine halbe Stunde nach Beginn des Films.

Die Mitarbeiterin habe ihr Vorgehen damit begründet, dass sie einen Auftrag aus der Cineplexx-Zentrale bekommen habe. Am Tag darauf habe sich das Prozedere wiederholt. Von den 90 verkauften Plätzen seien maximal fünf bis zehn besetzt, das Kino sonst leer gewesen. Als Belege sollen dem „Falter“ Screenshots vorliegen.

„Diffamierungsmethoden wie in der Politik“

Cineplexx betätigte, dass es spezielle Tarife für Buchungen ab einer bestimmten Stückzahl gebe: „Auch die Firma Opus-R hat davon Gebrauch gemacht“, so ein Sprecher. Cineplexx wickle dabei die Käufe ab und stelle die Säle und Filme zur Verfügung. „Was mit den gekauften Tickets passiert und wer sie nutzt, ist ausschließlich Sache des Käufers.“

Opus-R wiederum erhebt schwere Vorwürfe gegenüber dem „Falter“: „Da mehrere Promotion-Aktionen und PR-Events geplant waren, wurde von unserer Seite vorsorglich ein Kartenkontingent erworben“, so Opus-R-Geschäftsführer Christian Jantscha gegenüber der „Presse“. Dass nun ausgerechnet vom „Falter“ derartige Vorwürfe erhoben werden, sei wenig überraschend, denn dieser sei „Medienpartner“ von Langbeins Doku „Projekt Ballhausplatz“: „Es ist bedauerlich, dass nun auch in der Filmbranche mit Diffamierungsmethoden, die man eigentlich nur aus der Politik kennt, gearbeitet wird“, so Jantscha. „Das finden wir für die gesamte Film-Branche sehr schade.“

Unklar ist noch, wie viele der rund 4000 verkauften Karten von der Opus-R erworben wurden und wie viele Menschen „Kurz - Der Film“ tatsächlich gesehen haben. (her)

>> Bericht im „Falter“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.