Morgenglosse

Fake News für Deutschland aus Oberösterreich

C-Promis wie Michael „Molti“ Molterer moderierten, Herbert Kickl und Alice Weidel adeln ihn mit dem Besuch, FPÖ und AfD schalten Inserate, während der Chefredakteur aus der neonazistischen Szene stammt: Der Onlinesender „Auf1“ steigt zum führenden Fake-News-Medium auf - und der Gesetzgeber schaut zu.

Das, was Auf1 tut, hat mit Journalismus nichts zu tun. Die Infoplattform, gegründet in Oberösterreich am Höhepunkt der Coronapandemie von Stefan Magnet - er agiert seit Anfang der 2000er Jahre in der neonazistischen Szene, hatte Kontakt zu Gottfried Küssel -, hat sich inzwischen als führende Fake-News-Plattform im rechten bis rechtsextremen Milieu entwickelt. Doch Laien, die dessen Inhalte in den Social-Media-Newsfeed gespült bekommen, könnten sie für echten Journalismus halten.

Denn Verschwörungserzählungen und Desinformation werden dort in hochwertige Formate gekleidet. Sie sind auf den ersten Blick kaum von einer „Tagesschau“ oder einer „ZiB“ zu unterscheiden. Webdesign und Farbwelt orientieren sich an bekannten Medienmarken, die Aufmachung samt Moderation wirkt seriös. Journalistischen Standards (Sorgfaltspflicht, Redaktionsstatut, Check-Gegencheck) aber werden rigoros ignoriert. Möglich macht das die veraltete österreichische Gesetzgebung, die Online-Medien im Sinne der Meinungsfreiheit kaum Regeln vorgibt.

Woher stammt das Geld?

Die Reichweite von Auf1 steigt stark, geschielt wird zunehmend auf den deutschen Markt, wo der Sender seit September via Satellit empfangbar ist. Geadelt wurde man spätestens mit vergangenem Montag: Die beiden Stars der deutschsprachigen Rechtspopulisten, FPÖ-Chef Herbert Kickl und AfD-Chefin Alice Weidel, gaben dort ein exklusives Doppelinterview. Die Pressekonferenz für die „Mainstreammedien“, die beide im FPÖ-Klub am Dienstag abhielten, verkam damit zur Nebensache, zumindest für die eigene Fangemeinde.

Dass sich die FPÖ eigene Kanäle schafft, um ihre Botschaften abseits lästiger Nachfragen von Journalisten zu kommunizieren, ist nicht neu. Neu ist die Professionalität, mit der „Auf1“ aufwartet. Woher das Geld für die Produktionen stammt, ist unklar - und ist kaum mit Spenden und Erlösen aus dem Onlineshop erklärbar, wo Gründer Magnet neben Mondkalendern, Kapseln aus Sojabohnen und Lavasteinarmbändern auch „Auf1“-Kapperl und Kaffeehäferl verkauft. Denn dass C-Promis wie Michael Molterer, der auf Auf1 bis vor eineinhalb Jahren dort eine eigene Sendung moderiert hat* - bekannt wurde der Niederösterreicher als „Molti“ in der ATV-Sendung „Saturday Night Fever“, - mit Soja-Kapseln finanziert werden können, ist schwer zu glauben. Dass AfD und FPÖ dort immer wieder Inserate schalten, dafür umso mehr.

* In einer früheren Version des Artikels stand an dieser Stelle „moderiert“, nach eigenen Angaben aber ist Molterer seit eineinhalb Jahren nicht mehr für Auf1 tätig. Auf der Website von Auf1 sind 13 Episoden von Molterers Sendung „Krass und Spaß Auf1“ bis dato (Stand 22. September 2023) abrufbar.

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