Junge Forschung

Flotter Anlauf zur Darmforschung

Andreas Zollner sorgt im Sommer für Staunen auf der Bergisel-Schanze: Lautlos gleitet er zur Freude der 
Touristen durch die Luft.
Andreas Zollner sorgt im Sommer für Staunen auf der Bergisel-Schanze: Lautlos gleitet er zur Freude der Touristen durch die Luft.Thomas Steinlechner
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Der Mediziner Andreas Zollner ist am Wochenende Skispringer und hauptberuflich an der Med-Uni Innsbruck. Er forscht an Darmkrankheiten und macht die Facharztausbildung.

„Vom Sport kommend haben mich Ernährung und Verdauung immer schon interessiert“, sagt Andreas Zollner, der an der Uniklinik Innsbruck die Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin macht. Sein Spezialgebiet in der Forschung: entzündliche Darmerkrankungen. Sein Sport in der Freizeit: Skispringen. „Ich komme aus Reith bei Seefeld, 20 Kilometer von Innsbruck entfernt, dem Mekka des nordischen Sports. Da wächst man quasi auf Langlaufskiern auf“, erzählt Zollner fröhlich in einer Arbeitspause, im blauen Arztgewand.

Zum Langlaufen (ab vier Jahren) kam in seiner Kindheit (ab neun) auch Skispringen dazu. Ein Freund der Familie war Trainer der Schweizer Mannschaft und ermöglichte dem Tiroler Buben Sprünge auf kleinen Schanzen. „Ich hab schnell gemerkt, dass mir das Freude macht. Diese war immer größer, je größer die Schanzen wurden“, sagt Zollner. Das Skigymnasium in Stams war eine logische Folge, Zollner stieg in den Leistungssport der nordischen Kombination ein.

„Arbeite gern mit Menschen“

Nach der Matura entschied er sich aber gegen eine Karriere im Sport, weil er bei Freunden sah, wie schwierig es ist, an die Weltspitze zu kommen. „Ich wollte unbedingt eine gute Ausbildung. Den Aufnahmetest für die Med-Uni Innsbruck habe ich ganz ohne Druck gemacht und überraschend auf Anhieb bestanden.“ Zu der Zeit stand aber noch sein Zivildienst an. „Als Sanitäter habe ich gemerkt, wie mir das taugt. Ich arbeite gern mit Menschen, auch mit kranken Menschen.“

Im Studium war die Gastroenterologie sein Lieblingsgebiet, also der Bereich des Verdauungstrakts von Magen und Darm bis zu Leber und Hormonsystem. Für die Diplomarbeit, die Mediziner mit dem Doktortitel abschließen, stieg er in die Forschungsgruppe von Alexander Moschen ein, der ein Christian-Doppler-Labor an der Med-Uni Innsbruck leitete. „Meine Frage war, ob ein Biomarker anzeigen kann, dass Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen einen Rückfall erleiden“, sagt Zollner.

Dazu brauchten die Forschenden Stuhlproben und Darmspiegelungen von Menschen, die nach einer Therapie neue Beschwerden hatten, und von solchen, die beschwerdefrei waren. „Es dauerte lang, bis wir genug Daten hatten. Denn wer beschwerdefrei ist, kommt selten ins Krankenhaus“, erinnert sich Zollner. Die Publikation erschien erst, als Zollner bereits den Doktortitel in der Tasche und die Arbeit bei einer PhD-Stelle in der Gruppe von Herbert Tilg, Leiter der Universitätsklinik für Innere Medizin I in Innsbruck, begonnen hatte. „Der etablierte Biomarker für entzündliche Darmerkrankungen in Stuhlproben ist Calprotektin. Wir konnten mit Lipocalin-2 einen weiteren Biomarker nachweisen, der sehr früh anzeigt, ob Patientinnen und Patienten einen Rückfall haben.“

Mitten in sein Forschungsprojekt fiel die Coronapandemie, und Zollner spezialisierte sich flugs darauf, Sars-Cov-2-Viruspartikel im Darm zu suchen. „So konnte ich aus dem Labor heraus mithelfen, mehr über die neue Krankheit zu erfahren.“ Das Team der Gastroenterologie in Innsbruck fand überraschend klare Hinweise, dass Long-Covid-Symptome vor allem jene Menschen betreffen, die auch Monate nach einer Covid-Erkrankung noch Viruspartikel am Darmepithel haben. „90 Prozent der Probanden hatten nur einen leichten Krankheitsverlauf bei der Infektion. Aber wir haben lang danach das Virus im Darm nachweisen können“, sagt Zollner.

Der Zusammenhang mit Long Covid wurde bestätigt. Einen Einfluss auf chronische entzündliche Darmerkrankungen hatte Sars-Cov-2 aber nicht. „Unsere Studie war eines von vielen Puzzleteilen, die erklären, wie Long Covid entsteht und warum es so lang Beschwerden macht“, sagt Zollner, der noch nie wissentlich an Corona erkrankt ist.

Neben dem Studium und der Forschung blieb Zollner auch dem Skispringen treu. Er ist seit 2016 Teil des fünfköpfigen Teams, das im Sommer auf der Bergisel-Schanze in Innsbruck für die eigene Fitness und für die Unterhaltung der Touristen skispringt. „Ich schaffe es nur mehr am Wochenende, aber es macht so viel Spaß.“

»Unsere Studie half mit zu erklären, wie Long Covid entsteht und warum es so lang Beschwerden macht.«

Zur Person

Andreas Zollner (30) studierte nach dem Skigymnasium Stams in Innsbruck Medizin und forscht über entzündliche Darmerkrankungen. In seiner Freizeit ist er im Sommer auf dem Rennrad und im Winter auf den Langlaufskiern. Von März bis Oktober beteiligt er sich auf der Bergisel-Schanze beim Showspringen und ganzjährig bei Führungen.

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