Buntes Wellendach inmitten der Weinregion Rioja. Der kanadische Stararchitekt Frank O. Gehry setzte im Weingut Marqués de Riscal neue Maßstäbe.
Kunst und Wein

Design, Kunst und Bauernschläue: Die neue Welt des Weins

Weinbau und Kunst: Tradition und Spitzenqualität sind für Weingüter heutzutage zu wenig, um auf dem Markt dauerhaft zu reüssieren. Als Winzer muss man vielmehr ein Statement setzen. Und die Kunst ist der ideale Partner dafür. Baron Rothschild wusste das schon früh.

Es gibt wenige Tage im Jahr, an denen Claus Preisinger etwas gehetzt wirkt. Heute ist so ein Tag. Die Weinlese im burgenländischen Gols ist voll im Gang, Preisinger rotiert. „Einen besseren Tag hast du dir nicht aussuchen können“, meint er. Es wird ein kurzes Telefonat.

Heute zählt Preisinger zu den renommiertesten Weinbauern des Landes. Vor 22 Jahren war es anders. Da war er „ein unbeschriebenes Blatt“, erinnert sich Niki Eberstaller. Er ist auch aus Gols, aber er ist kein Winzer, er ist Künstler und Designer. Etwa ein Drittel seiner Arbeiten haben mit Wein zu tun. Eberstaller entwirft Weinetiketten. „Zwischen 70 und 100 Weingüter“, schätzt er, tragen seine Handschrift auf ihren Flaschen. Die meisten findet man in Österreich. Aber Eberstaller hat auch schon Weinetiketten für ein Weingut in Indien entworfen.

Einer seiner ersten Wein-Kunden war eben Claus Preisinger. „Ich bin der Claus, ich mache großartige Weine und ich brauche ein großartiges Etikett.“ So in etwa hat er sich 2001 vorgestellt. „Wir haben ein Jahr lang daran gearbeitet – und am Schluss ist nichts heraus­gekommen“, sagt Eberstaller und schmunzelt dabei. Denn dieses „Nichts“ ist mittlerweile zur Stil-Ikone geworden. Ein komplett leeres, weißes Etikett und in der Mitte ganz klein hingekritzelt „Claus“. So macht man ein Etikett für ein unbeschriebenes Blatt.

Weinbau und Design, oder gar Kunst: In Österreich ist es eine sehr kurze Geschichte. Das liegt vor allem daran, dass bei uns seit jeher eben Bauern Wein gekeltert haben, keine Barone wie etwa im Bordeaux. Kein Baron Nathaniel de Rothschild, der 1853 das Château Mouton in Pauillac gekauft hat – quasi zum Zeitvertreib. Schnell reüssierte das Weingut und erlangte weltweiten Ruhm. Ab 1922 leitete Philippe Rothschild das Weingut. Neben dem Wein war es die bildende Kunst, die ihn in Bann zog. Die Idee, das Weinetikett von Künstlern gestalten zu lassen, geisterte viele Jahre in seinem Kopf herum.

Doch der Kunstsinn fand ein jähes Ende. Die jüdische Familie Rothschild musste vor den Nazis fliehen, die Frankreich besetzt hatten Kurz vor der Ernte 1945 kam Philippe Rothschild aus London zurück. Noch heute gilt der 1945er als einer der herausragenden Jahrgänge von Mouton Rothschild. Bei einer Auktion 2006 in Los Angeles zahlte ein Sammler pro Flasche mehr als 28.000 Dollar. Ob der Wein noch trinkbar ist? Vielleicht. Doch es geht nicht nur um den Inhalt.

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