Leitartikel

Ich weiß, wie du nächsten Sommer wahlwerben wirst

SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler
SPÖ-Vorsitzender Andreas BablerAPA / Georg Hochmuth
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Andreas Babler hat‘s auch nicht leicht: Die Strategie von Sora wäre etwas für ihn gewesen, nur der E-Mail-Verteiler war leider falsch. Ein Leak fast wie 2017.

Man musste nicht unbedingt groß überrascht sein – auch im ORF nicht. Sora-Gründer Günther Ogris steht alljährlich am 1. Mai auf dem Wiener Rathausplatz mit roter Nelke am Revers. Christoph Hofinger, der mittlerweile mehr oder weniger operativ die Geschäfte führt und an Wahlabenden auch im TV zu sehen ist – wie übrigens auch Sora-Kooperationspartner Peter Filzmaier –, war, was seine politische Präferenz betrifft, immerhin enthaltsamer. Dennoch wurden an solchen Wahlabenden eben nicht nur nüchtern Zahlen referiert, sondern die Sora-Leute wurden auch um ihre analytischen Einschätzungen gebeten.

Es ist nicht ungewöhnlich, das Meinungsforscher auch im Auftrag von Parteien arbeiten. Peter Hajek tat das etwa für die Neos und die burgenländische SPÖ. Aber dass ein Umfrageinstitut für eine Partei gleich ein ganzes Wahlkampfkonzept erstellt, ist schon bemerkenswert. Und dabei auch noch tief in den Mikrokosmus der SPÖ und ihres neuen Vorsitzenden Andreas Babler eintaucht, dessen Ansätze im Sora-Konzept verstärkt werden. Dessen Vertrauter, Volkshilfe-Chef Erich Fenninger, wird auch gleich zum Sozialminister gemacht.

Zwischen den Zeilen klingt so etwas wie Bewunderung für den Kurs von Andreas Babler durch, für eine Politik der Liebe, des Herzens und des Mutes. Die FPÖ hingegen steht für Hass, die ÖVP für Blockade. Und auch die Neos müssten sich, wenn es nach Sora geht, warm anziehen: Diese sollen nämlich in Richtung ÖVP gedrängt werden, um den Türkisen die Stimmen abzuluchsen. Und das Thema Migration soll dahingehend geframed werden, dass Zuwanderer in erster Linie als Arbeitssuchende zu sehen sind. Auch das passt zu Bablers Erzählung. „Storytelling-Workshops“ sind ebenso im Angebot.

Auch für entsprechende Wordings bei heiklen Fragen hat Sora vorgesorgt. Auf die Frage „Herr Babler: Sind Sie Marxist?“ sollte dieser antworten: „Ich habe den ersten Band des Kapitals gelesen. Wenn man das Kapitel über die Vermögenskonzentration gelesen und verstanden hat, versteht man, warum die Wirtschaftspartei ÖVP so tief in der Korruption verfangen ist. Und lesen Sie Otto Neurath, dann verstehen Sie, wie wichtig es ist, die Freiheit der Wissenschaft gegen nationalistische Spinner zu verteidigen.“ Für die Frage nach seiner EU-kritischen Haltung gibt es sogar vier Antwortmöglichkeiten.

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