Morgenglosse

Fahrverbot am Sonntag?

Der erste Abschnitt der neuen Reinprechtsdorfer Straße in Wien-Magareten ist fast fertig, er wurde bereits verkehrsberuhigt.
Der erste Abschnitt der neuen Reinprechtsdorfer Straße in Wien-Magareten ist fast fertig, er wurde bereits verkehrsberuhigt. Clemens Fabry
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Wien-Margareten hat ein sonntägliches Fahrverbot für den ganzen Bezirk beschlossen. Das zeigt den eingeschränkten Horizont von Bezirkspolitikern.

Selten sorgen Beschlüsse in einem der 23 Wiener Bezirksparlamente für Aufsehen. Das hat seinen Grund: Eine Ampel hier, eine Parkbank dort – das stört nicht den beschaulichen Alltag auf Bezirksebene.

Wien-Magareten ist es allerdings gelungen, zum überregionalen, teils österreichweiten Gesprächsthema zu werden. Das Bezirksparlament hat ein Fahrverbot im gesamten Bezirk an einem (noch zu bestimmenden) Sonntag beschlossen. Das sonntägliche Fahrverbot könnte künftig sogar regelmäßig eingeführt werden. Gedanken über die Umsetzung haben sich die Politikerinnen und Politiker, die das beschlossen haben, nicht gemacht. Der Antrag des Bezirks liegt nun bei der Stadt Wien, die darüber entscheiden muss.

Und das führt mehrere Fakten ins Bewusstsein.

Erstens: Man spricht in Wien von Bezirkskaiser und Bezirkskaiserinnen, die absolutistisch ihre Bezirke regieren. In der Praxis wird ihnen eine Macht zugeschrieben, die sie nicht besitzen – im Gegenteil. Ein Bezirk darf sich etwas wünschen, aber nichts entscheiden. Außer den Kauf einer Parkbank, die Sanierung einer Schule oder die Errichtung einer Einbahn. Der Beschluss für einen autofreien Sonntag ist also ein Brief an das Christkind bzw. an den Wiener Magistrat, der die Gesamtsituation einer Metropole im Auge haben muss.

Die Macht der Bezirke ist in vielen Bereichen massiv eingeschränkt, und das ist gut so. Denn Bezirkspolitiker, die nur den beschränkten Horizont bis zu ihrer Bezirksgrenze besitzen, fehlt der Weitblick für das Funktionieren einer Metropole. Sie würden auch Lebensadern der Stadt, die durch ihren Bezirk fließen, kappen – für ein paar Wählerstimmen in ihren Bezirk. Um danach überrascht festzustellen, dass es massive Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr, wichtige, öffentliche Infrastruktur, Lieferung von Lebensmitteln und äußerst negative Effekte auf die benachbarten Bezirke hat. Aus genau diesem Grund sind derartige Entscheidungen auf der Ebene der Stadt angesiedelt. Und das ist gut so.

martin.stuhlpfarrer@diepresse.com

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