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FPÖ-Security zerrt ORF-Satiriker Peter Klien weg: „Art und Weise dieses Übergriffs ist neu“

Für die ORF-Satiresendung „Gute Nacht Österreich“ wollte Peter Klien dem FPÖ-Chef Herbert Kickl Fragen stellen
Für die ORF-Satiresendung „Gute Nacht Österreich“ wollte Peter Klien dem FPÖ-Chef Herbert Kickl Fragen stellenORF
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Der Late-Night-Comedian wollte dem FPÖ-Chef Fragen stellen und wurde von einem Sicherheitsmann weggezerrt. Die FPÖ behauptet, er habe den Bus stürmen wollen. Stimmt nicht, kontert Klien im „Kurier“.

ORF-Satiriker Peter Klien hat sich im Zuge von Dreharbeiten zur aktuellen Ausgabe der ORF-Satiresendung „Gute Nacht Österreich“ auf ein Oktoberfest im steirischen Hartberg gewagt. Dort wurde der Late-Night-Comedian von einem Sicherheitsmann des FPÖ-Chefs Herbert Kickl in den Schwitzkasten genommen und weggezerrt. „Es handelt sich hierbei um ein völlig inakzeptables Verhalten, das der ORF auf das Schärfste verurteilt“, heißt es von Seiten des ORF in einer Aussendung am Freitagvormittag. Der Vorfall wurde auch auf Kamera festgehalten. Das Video liegt der „Presse“ vor.

Auf dem Video, das am Freitag um 23.25 Uhr im Rahmen der Satiresendung „Gute Nacht Österreich“ auf ORF 1 ausgestrahlt wird, ist zu sehen, wie Klien sich Kickl nähert und ihm Details zu seinem einstigen Kuss mit Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischnig entlocken will. Dabei nähert sich ein Sicherheitsmann von hinten, zerrt Klien weg und nimmt ihn für wenige Sekunden in den Schwitzkasten. Bei einem späteren, erneuten Versuch des Satirikers, ein Gespräch anzubahnen, schiebt ihn der Sicherheitsmann bereits frühzeitig weg und sagt: „Verschwinde. Dich will hier keiner haben.“ Klien kommentiert das abschließend mit: „Der Volkskanzler möchte mit dem Volk nicht sprechen.“

FPÖ nennt Klien „wehleidig“

Die FPÖ sieht eine „wehleidige Klien-Inszenierung“. FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker hielt fest, dass sich Klien ohne Genehmigung Zutritt zum FPÖ-Bus verschaffen habe wollen: „Kein anderer der zahlreich anwesenden Medienvertreter kam auf die Idee, diesen Bus stürmen zu wollen. Wenn sich hier jemand aggressiv verhalten hat, dann ist es wohl eher Peter Klien. Der Sicherheitsmann hat seine Arbeit gemacht“. Die ORF-Aussendung sei offenbar „ein verzweifelter Versuch, der Klien-Sendung etwas mehr Quote zu verschaffen“, mutmaßte er. 

„Ich habe natürlich nicht den Bus gestürmt“

Diese Darstellung widerspricht Klien gegenüber dem „Kurier“: „Ich habe natürlich nicht den Bus gestürmt“, sagte Klien demnach. In dem Wagen habe eine Schneiderin ihre Dienste angeboten, solche Services gebe s bei FPÖ-Veranstaltungen immer wieder. Die Türe sei offen gewesen, Kickl dabe davor geplaudert, als Klien den Moment nützen wollte.

Die darauf folgende Situation sei für ihn „sehr unangenehm“ gewesen, so Klien. „Ich möchte nicht, dass mir das noch einmal passiert. Aber es ist nicht blutig geworden oder sonst irgendwie eskaliert.“ Außerdem wolle er festhalten, dass die Stimmung vor Eintreffen Kickls „grundsätzlich nicht feindselig“ gewesen sei.

„Es gibt auch andere Spitzenpolitiker, die sich mich vom Leib halten wollen, aber die Art und Weise dieses Übergriffs ist neu, eine Tätlichkeit hat es noch nicht gegeben“, so Klien. „Dass sich eine Menschenmauer vor mir aufbaut oder ich zur Seite gedrängt werde ist normal. Aber das ist eine neue Qualität.“

ORF-Redaktionsrat: „Rote Linie überschritten“

Der ORF-Redaktionsrats sieht „neuerlich eine rote Linie im Umgang mit der freien Presse überschritten“. Die ORF-Redaktionsräte rund um Vorsitzenden Dieter Bornemann konstatieren: „War früher noch der ORF als Institution Ziel von verbalen Angriffen von FPÖ-Politikern, so ist die Partei immer mehr dazu übergegangen, unliebsame Journalistinnen und Journalisten persönlich zu beleidigen, zu verunglimpfen und zu verhöhnen“. Verbale und körperliche Gewalt gegenüber Journalisten bringe die Gesellschaft in Richtung einer „illiberalen Demokratie“, warnte der Redaktionsrat und analysierte das Ziel hinter der Strategie im Umgang mit kritischem Journalismus: „Das Framing unabhängiger Medien als ‚Mainstream-Medien‘ mit angeblich linker Agenda soll die Glaubwürdigkeit untergraben und Menschen zum Konsum von Parteikanälen und ‚alternativen Medien‘ bringen. Dort können Parteipolitiker dann ohne kritische Gegenfragen ungefilterte Propaganda verbreiten.“

Auch die „Vereinigung der Europajournalist/inn/en“ (AEJ) zeigte sich erschüttert, dass so ein Vorfall in Österreich im Jahr 2023 passieren kann. Es handle sich um einen nicht tolerierbaren Angriff auf die Medienfreiheit, hieß es seitens „AEJ Austria“.

Ministerin: Kickl trete Pressefreiheit mit Füßen

Kritik kam vonseiten sämtlicher anderer Parlamentsparteien. „Wer Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten ausübt, gefährdet unsere Demokratie und freie Gesellschaft“, hielt Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) fest. Kickl zeige „einmal mehr, dass er unsere Pressefreiheit mit Füßen tritt und eine Gefahr für Österreich darstellt“, meinte die Ministerin.

„Die Pressefreiheit ist heilig, egal um welche Art von Journalismus es sich handelt“, reagierte Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer. Der Angriff zeige „einmal mehr die Verachtung der Freiheitlichen Partei und Herbert Kickl für demokratische Rechte“. Auch SPÖ-Chef Andreas Babler verurteilte den Angriff. „Mit dieser FPÖ und diesem ‚Volkskanzler‘ ist kein Staat zu machen“, wurde er zitiert. Journalisten einzuschüchtern, mit dem Ziel, Kritik zu unterbinden, habe bei der FPÖ System. „Das ist inakzeptabel“, hielt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger fest. „Kabarett und Satire mögen feine Klingen sein, feindliche Angriffe aber sind sie nicht. Das müssen gerade auch die, die gerne austeilen, einstecken können“, so die Neos-Politikerin. (APA/red.)

>> Klien im „Kurier“

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