Leitartikel

Othmar Karas: Die „OK.“-Partei – Neos mit schwarzem Anstrich

Othmar Karas
Othmar Karas APA / APA / Eva Manhart
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Abschied und Anfang: Othmar Karas hat einmal einen Schneeball geworfen. Ob eine Lawine daraus wird, wird sich zeigen.

Und wieder einmal die Migration: Wenn man das Zerwürfnis des Othmar Karas mit seiner Partei auf einen Nenner bringen kann, dann ist es dieser. Karas selbst sprach diesbezüglich von größten Spannungen. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker gab ihm dann den Rest, auch das hatte mit dem Asylthema zu tun. Stocker hatte Karas ausgerichtet, eine „isolierte Einzelmeinung“ zu haben, Sanktionen gegen Griechenland wegen Pushbacks betreffend.

Es war ein (angekündigter) Abschied von Othmar Karas als Europapolitiker, aber möglicherweise sein Anfang als nationaler Politiker. Karas hat am Donnerstag einmal einen Schneeball geworfen. Nun wartet er ab, ob eine Lawine daraus wird, ob sich ihm Menschen anschließen, die seine politischen Werte, Ziele und Ansichten teilen. Noch hat er sich nicht entschieden, bei der nächsten Nationalratswahl anzutreten. Aber er kokettiert schon recht offensichtlich damit. Vor und hinter ihm im 15. Stock des Lokals „Juwel“ in der Wiener Taborstraße prangte das Logo „OK.“ OK Wie Othmar Karas.

Es war eine Kampfansage an die ÖVP, in der er (vorerst) bleiben will. Eine Abrechnung mit dem System Kurz, vor allem aber auch mit dem System Nehammer, dessen Generalsekretär er persönlich ins Visier nahm. Karas war schon bisher ein Stachel im Fleisch der ÖVP, eine eigene „OK.“-Partei könnte dieser noch mehr schaden. Die Volkspartei, erfolgsverwöhnt unter Sebastian Kurz, rinnt schon nach rechts hin aus. Othmar Karas, immerhin ein erfolgreicher Vorzugsstimmensammler bei diversen EU-Wahlen, könnte das Problem links von Karl Nehammer und Christian Stocker verstärken. Othmar Karas, so viel lässt sich aus bisherigen EU-Wahlen ableiten, hat schon seine Fangemeinde in der Volkspartei. Mittlerweile höchstwahrscheinlich auch darüber hinaus.

Liberale Variante des Christlichsozialen

Der wahre Leidtragende jedoch, sofern aus dem Schneeball eine Lawine wird, könnten die Neos sein. Von der ÖVP hat sich Othmar Karas schon sehr weit entfernt – inhaltlich wir emotional. Oder die ÖVP von ihm, wie Karas das wohl sieht. Von den Neos hingegen würde sich eine Othmar-Karas-Partei nur marginal unterscheiden. Man teilt ähnliche Ansichten, ein ähnliches Politikverständnis. Beate Meinl-Reisinger stammt bekanntlich aus der ÖVP und war Assistentin von Othmar Karas in Brüssel.

Die Neos sind eine christlich-soziale Variante des Liberalismus, Othmar Karas ist eine liberale Variante des Christlichsozialen. Menschen wie Christian Konrad, Franz Fischler oder Ferry Maier würden sich schwer tun, wem sie ihre Stimme geben.

Jene, die Othmar Karas besser kennen, sind allerdings der Meinung, dass ein Sitz im Nationalrat nicht das Ziel seiner Träume wäre. Sondern vielmehr die Amtsräume in der Hofburg. 2028 kann Alexander Van der Bellen nicht mehr antreten. Dann könnte Karas in die Fußstapfen seines Schwiegervaters Kurt Waldheim treten.

Wobei es sich Othmar Karas auch leicht macht, jedenfalls bei seiner Pressekonferenz am Donnerstag: Wortreich wie druckreif beklagte er das derzeitige Politikverständnis, die Fehler der heutigen Führungskräfte, den Populismus, mangelndes Verantwortungsgefühl, fehlende Weitsicht und so weiter. Selbst bot er aber auch nur gut klingende Plattitüden: Er sei ausschließlich dem Land verpflichtet, wolle sich den großen Fragen stellen anstatt Scheindebatten zu führen, für Ideale einstehen. Seine Antwort auf das drängende Problem der Migration lautet einfach: „eine europäische Lösung“. Und das Sterben im Mittelmeer müsse ein Ende haben. Ja eh, aber wie?

Hinter vorgehaltener Hand, so Karas, würden ihm viele in der ÖVP Recht geben. Also schauen wir einmal, ob da etwas ins Rollen kommt. Es könnte das bürgerliche Lager in Österreich verändern.

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