„Persönliche Erklärung“

„ÖVP nicht mehr Kraft der Mitte“: Karas tritt nicht bei EU-Wahl an

 ÖVP-Europaabgeordnete und Erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas im Rahmen einer persönlichen Erklärung in Wien.
ÖVP-Europaabgeordnete und Erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas im Rahmen einer persönlichen Erklärung in Wien. APA / APA / Eva Manhart
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In einer „persönlichen Erklärung“ rechnete der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas mit der österreichischen Politik generell und seiner Partei im speziellen ab.

Das Rätselraten, wie die politische Zukunft von Othmar Karas aussehen wird, hat vorerst ein Ende. Der langjährige ÖVP-Europaabgeordnete und Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments tritt nicht für die Volkspartei zur EU-Wahl im Juni kommenden Jahres an. Das verkündete er am Donnerstag in einer kurzfristig angekündigten „persönlichen Erklärung“.

Karas rechnete dabei mit der österreichischen Politik generell und seiner Partei im Speziellen ab: „Vieles von dem, was in den letzten Monaten und Jahren passiert ist, der Stil wie Politik gemacht wird, widerstrebt meinem persönlichen Politikverständnis. Wir sind dem Land verpflichtet, nicht nur einer einzelnen Partei.“ Er halte es für einen Fehler, dass versucht werde, Fehlentwicklungen auszugleichen, indem man sich an die Politik der Ränder anbiedere und diese kopiere: „Damit geht jegliche Glaubwürdigkeit verloren.“

„Mir geht es auf die Nerven, von manchen als Linker postuliert zu werden“

Es gebe einen eklatanten Vertrauensverlust in politische Institutionen, eine mangelnde Debattenkultur, ein verschobenes Verantwortungsgefühl. „Dafür gibt es viele Verantwortliche, aber allen voran liegt es an den politischen Akteuren, auch aus meiner eigenen Partei“, rügte der 65-Jährige. Es herrsche eine Politik der Scheindebatten (wie etwa jene von ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer angestoßene, das Recht auf Bargeld in der Verfassung zu verankern). „Wir verlieren uns im Lärm der Nebenschauplätze. Wir brauchen eine Politisierung der Politik, mehr Mut, Ehrlichkeit und Respekt.“

In Europa sei Österreich vom Motor zum Bremser geworden, sagte Karas - diese veränderte Rolle schmerze ihn. Die ÖVP sei „nicht mehr die Europapartei und nicht mehr die Kraft der Mitte.“ Zur Spaltung mit der Volkspartei habe vor allem auch deren Asyl- und Migrationspolitik geführt. Es scheitere gar nicht so sehr an Inhalten, sondern an der Sprache, an bewussten Polarisierungen. „Mir geht es auf die Nerven, von manchen als Linker postuliert zu werden, weil ich dagegen auftrete, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken“, betonte der EU-Abgeordnete. Auch den Umgang mit der FPÖ und die veröffentlichten ÖVP-Chats kritisierte Karas, damit sei er in der Volkspartei oft alleine dagestanden. Und er betonte: „Manche glauben, der mag den Kurz oder den Nehammer nicht. Es geht mir nicht darum, gegen jemanden zu sein, sondern für etwas einzustehen.“

Zu den inhaltlichen Differenzen mit der Parteispitze seien in den letzten Monaten aber auch noch ein Verlust der Gesprächsbasis und des Respekts gekommen. Karas nannte als Beispiel, dass ihn ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker als Saboteur bezeichnet habe, weil er gegen Pushbacks sei.

Ein Antreten mit einer eigenen Liste bei der Nationalratswahl wollte Karas am Donnerstag nicht ausschließen. Er will aber (zumindest vorerst) ÖVP-Mitglied bleiben - und auf jeden Fall „politisch aktiv“.

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