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Kreml-Chef in Kirgisistan: Wo Putin trotz internationalen Haftbefehls mit allen Ehren empfangen wird

Festlicher Empfang: Schaparow und Putin in der Präsidentenresidenz Ala-Artscha.
Festlicher Empfang: Schaparow und Putin in der Präsidentenresidenz Ala-Artscha.Imago/Sergei Karpukhin
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Die erste Auslandsreise seit dem Erlass des ICC-Strafbefehls führt den Kreml-Chef ins zentralasiatische Kirgisistan. Das wirtschaftlich schwache Land hält Moskau die Treue. Es beherbergt eine russische Militärbasis, ist Umschlagplatz für Parallelimporte und zeigt selbst verstärkt autoritäre Züge.

In der Präsidentenresidenz Ala-Artscha im Süden der kirgisischen Hauptstadt, Bischkek, bereitete man Wladimir Putin am Donnerstag einen festlichen Empfang. Der russische Präsident und sein kirgisischer Amtskollege, Sadyr Schaparow, schritten unter den Augen der Präsidentengarde den roten Teppich ab und betonten bei der Pressekonferenz ihre enge Verbundenheit. Zum „informellen“ Mittagessen wurden unter anderem Thunfischsalat mit Avocado, Hammelsuppe und Wolfsbarsch gereicht.

Für Putin ist die zweitägige Visite in Kirgisistan die erste Auslandsreise, seit der Internationale Strafgerichtshof (ICC) im März einen Haftbefehl gegen den Kreml-Chef wegen dessen Rolle bei der Verschleppung ukrainischer Kinder erlassen hat. In Ländern, die die Gerichtsbarkeit des ICC anerkennen, muss er eine Verhaftung fürchten. Das schränkt den Kreml-Chef in seiner Reisetätigkeit ein. So flog er nach langem Hin und Her schließlich nicht zum Brics-Gipfel ins befreundete Südafrika, dessen Exekutive zu seiner Festnahme verpflichtet gewesen wäre. In der kommenden Woche wird Putin in Peking erwartet. China ist kein Mitglied des ICC.

Handel zwischen Russland und Kirgisistan gestiegen

Auch im Fall Kirgisistans muss sich Putin keine Sorgen machen: Die kleine zentralasiatische Republik ist kein Mitglied des Strafgerichtshofs. Unter Präsident Schaparow hat sich das Gebirgsland erneut Russland angenähert und präsentiert sich als treuer Verbündeter. Russland unterhält eine Militärbasis in dem Land und ist der größte Investor in Kirgisistan. Auch der Handel zwischen Russland und Kirgisistan sei im Lauf des Jahres 2022 um 37 Prozent gewachsen: auf eine Summe von 3,5 Milliarden Dollar, erklärte Putin.

Für die positive Handelsentwicklung dürften zum Teil sogenannte Parallelimporte verantwortlich sein, also Waren, die Russland nicht mehr direkt aus dem Westen einführen kann und daher über Drittstaaten wie Kirgisistan, Kasachstan oder die Türkei importiert. Das ökonomisch schwache Kirgisistan erhofft sich von der Rolle als neuer Warenumschlagplatz Vorteile.

Autoritäre Wende unter Schaparow

Auch atmosphärisch hat Schaparow, den eine Revolte im Jahr 2020 an die Macht gespült hat, sein Land an Russland angenähert. Seit seiner Machtergreifung hat er die Gewaltenteilung beschnitten und die Macht in seinen Händen konzentriert. Zur Rechtfertigung der autoritären Tendenzen beruft sich der Präsident häufig auf angeblich „traditionelle Werte“ der kirgisischen Gesellschaft. Auch der Einfluss der einst aktiven Zivilgesellschaft und Medien wird sukzessive zurückgedrängt.

Das 20-jährige Bestehen der russischen Militärbasis in Kant war einer der Gründe für Putins Besuch. Sie stellt für das russische Militär einen wichtigen Außenposten in Zentralasien dar, einer Region, in der auch China wirtschaftlich immer mehr mitmischt. Für den Freitag ist ein Gipfel der Vertreter der GUS-Staaten in Bischkek angesetzt. Während Putin in Schaparow einen Verbündeten gefunden hat, sind die Verstimmungen zwischen Moskau und Eriwan bis nach Bischkek zu spüren: Der armenische Premier, Nikol Paschinjan, hat seine Teilnahme an dem morgigen GUS-Gipfeltreffen abgesagt.

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