Glaubensfrage

Das Ding aus einer anderen Welt

Papst Franziskus nimmt an sehr vielen Sitzungen der Synode teil, sofern die anderen laufenden (Regierungs)Geschäfte das zulassen. Das Ende des Groß-Events ist mit 29. Oktober terminisiert.
Papst Franziskus nimmt an sehr vielen Sitzungen der Synode teil, sofern die anderen laufenden (Regierungs)Geschäfte das zulassen. Das Ende des Groß-Events ist mit 29. Oktober terminisiert.Imago / Vatican Media / Ipa-agency.net
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Die Kirche sitzt mit ihrem Oberhaupt Papst Franziskus noch bis Ende Oktober im Sesselkreis. Die derzeit laufende Synode im Vatikan ist weit entfernt von einem Kirchen-Parlament. Was kann sie leisten? Was nicht?

Da treffen der von Papst Franziskus in die Wüste geschickte deutsche Ex-Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Müller, ein konservativer Hardliner, und LGBTQ-Seelsorger James Martin aus den USA aufeinander. Und fallen verbal nicht übereinander her. Sondern tauschen Freundlichkeiten und kleine Geschenke aus. Hoffentlich erfährt niemand aus dem Kreis der Fans Kardinal Müllers davon.

Die Begegnung ist historisch belanglos. Aber sie wirft ein Schlaglicht auf das, was seit eineinhalb Wochen im Vatikan vor sich geht. Das Treffen der 365 aus aller Welt bei der Synode lässt viele in der Öffentlichkeit ratlos zurück. Da sitzen sie, 311 Männer, 54 Frauen, Papst, Bischöfe, Priester, Laien an großen runden Tischen in der Audienz-Aula. Sie sprechen, schweigen, diskutieren über Zukunftsfragen der Kirche.

Ignorant oder böswillig

„Spirituelle Konversation“ nennt das Kardinal Christoph Schönborn, der Teilnehmer mit den meisten Synoden-Erfahrungen. Jeder der Zehn in den Kleingruppen spricht für maximal drei Minuten zum jeweils vorbereiteten Thema (Einbindung von Frauen, Zölibat etc.), die andern hören zu, dann gibt es Stille, danach wird weiter gesprochen. Mit einem Kirchen-Parlament, wie einige Kritiker im Vorfeld befürchtet haben, hat das herzlich wenig zu tun. Allen, die derartiges verbreiten, kann nur Ignoranz oder Böswilligkeit unterstellt werden. Strafweise sollten sie einmal nur für eine Stunde in ein echtes Parlament gesetzt werden.

Das Treiben im Vatikan wirkt für Außenstehende noch immer ein wenig weltfremd, wie ein Ding aus einer anderen Welt. Man kann die Veranstaltung so sehen: Derzeit werden Themen diskutiert, die seit Jahrzehnten bis zum Überdruss diskutiert werden, ohne dass es zu Änderungen gekommen wäre. Ergebnisse sind ohnedies denkunmöglich. Am Ende entscheidet immer nur einer alleine, der Papst. Der wiederum ist im Grunde konservativ, blinkt einmal in diese, dann in die andere Richtung, ist unentschlossen, sprunghaft und weiß selbst nicht, wohin das alles führen soll.

Schneisen in das Dickicht des Kirchenrechts

Oder man sieht die Synode so: Die Kirche gibt ein Beispiel, wie Gespräche über Gräben hinweg geführt werden. Wie mit Gegensätzen umgangen werden kann und sie für alle Seiten zufriedenstellend lebbar werden. In das kirchenrechtliche Dickicht werden Schneisen geschlagen, um Entscheidungen auf breiterer Basis, mit mehr Mitbestimmung von unten zu treffen.

Der Theologe Christian Bauer beobachtet die Synode. Seine Erkenntnis: „Je näher man hinschaut, desto komplexer wird die Wirklichkeit.“ Wer hätte die Erfahrung nicht gemacht, in Politik, im Alltag?

Wir neigen nur dazu, Komplexität zu verringern. Demagogen beziehen daraus ihre Attraktivität. Da wird es schwierig. Manchmal sogar gefährlich, in und außerhalb der Kirche.

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