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Video-Journalist durch Raketeneinschlag im Libanon getötet

Ein Protest in Beirut am Sonntag nach dem Tod von Abdallah.
Ein Protest in Beirut am Sonntag nach dem Tod von Abdallah.APA / AFP / Joseph Eid
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Als die Rakete einschlägt, soll Issam Abdallah gerade Live-Bilder gedreht haben. Seine Schutzweste mit dem Aufdruck „Presse“ blieb nutzlos. Die libanesische Armee spricht von einem „Märtyrertod“ und gibt Israel die Schuld.

Ein Video-Journalist der Nachrichtenagentur Reuters ist während seiner Arbeit im Libanon nahe der Grenze zu Israel bei einem Raketeneinschlag getötet worden. Die Geschosse seien aus Richtung Israel gekommen, sagte ein Reuters-Kollege, der vor Ort war. Sechs weitere Journalisten, darunter je zwei von Reuters, der französischen Nachrichtenagentur AFP und dem arabischen Sender Al Jazeera, wurden bei dem Vorfall am Freitag verletzt. Libanons Ministerpräsident Nadschib Mikati machte Israel verantwortlich. Der Libanon kündigte am Samstag eine formelle Beschwerde beim UN-Sicherheitsrat an. Das israelische Militär erklärte, der Vorfall werde untersucht, es gebe Bildmaterial dazu. „Das ist eine tragische Sache“, sagte ein Sprecher. Israels UN-Botschafter Gilad Erdan erklärte, man wolle offensichtlich niemals einen Journalisten töten, der seine Arbeit mache. „Aber wissen Sie, wir befinden uns im Kriegszustand. Dinge können passieren.“

Der Libanon will staatlichen Medienberichten zufolge formelle Beschwerde beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wegen des auf seinem Territorium umgekommenen Reuters-Journalisten einlegen. Grund sei die „absichtliche Tötung des libanesischen Journalisten Issam Abdallah durch Israel“. Die libanesische Armee erklärte, das israelische Militär habe am Freitag eine Rakete abgefeuert, die ein Zivilfahrzeug getroffen und Abdallah getötet habe. Sie sprach auf ihrer Website vom „Märtyrertod“ Abdallahs.

Nachrichtenagentur „zutiefst betrübt“

„Wir sind zutiefst betrübt darüber, dass unser Videofilmer Issam Abdallah getötet wurde“, teilte Reuters mit. „Wir suchen dringend nach weiteren Informationen, arbeiten mit den Behörden in der Region zusammen und unterstützen Issams Familie und Kollegen.“

Der Vorfall ereignete sich im Süden des Libanon. Dort war es im Zuge der am Gazastreifen ausgebrochenen Kämpfe zwischen der palästinensischen Hamas und Israel zu gegenseitigem Beschuss zwischen dem israelischen Militär und der Hisbollah gekommen. Die libanesische Miliz hat enge Verbindungen zur Hamas. Reuters teilte mit, Abdallah sei dabei gewesen, eine Live-Videoverbindung herzustellen. Die Kamera sei auf einen Hügel gerichtet gewesen, als es eine laute Explosion gegeben habe. Rauch sei aufgestiegen und es seien Schreie zu hören gewesen.

Als Pressevertreter gekennzeichnet

Die verletzten Reuters-Mitarbeiter Thaer Al-Sudani und Maher Nazeh wurden nach einer medizinischen Behandlung inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen. Nazeh zufolge filmten Reuters und Vertreter der zwei anderen Nachrichtenorganisationen Raketenbeschuss aus Richtung Israel. Abdallah sei von einer Rakete getroffen worden, während er auf einer niedrigen Steinmauer in der Nähe der Journalisten-Gruppe gesessen habe. Sekunden später sei in dem Auto der Gruppe eine weitere Rakete eingeschlagen, woraufhin der Wagen in Brand geraten sei.

Al Jazeera erklärte, seine Journalisten seien klar als Pressevertreter zu erkennen gewesen. Der von Katar finanzierte Nachrichtensender gab Israel die Schuld. Alle, die hinter dem Vorfall steckten, müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Abdallahs Mutter, Fatima Kanso, warf Israel vor, ihren Sohn absichtlich getötet zu haben. „Sie trugen alle Journalistenkleidung und das Wort ‚Presse‘ war sichtbar. Israel kann dieses Verbrechen nicht leugnen“, sagte sie in einem Reuters-Interview. Kurz bevor Abdallah getötet wurde, hatte er in den sozialen Medien ein Foto von sich veröffentlicht - darauf trägt er einen Helm und eine Schutzweste mit dem Wort „Presse“.

Auch „Presse“- und ORF-Journalist Karim El-Gawhary berichtete gestern aus dem Libanon. Wie er auf „X“ schreibt, habe sein Team ebenfalls Glück gehabt. Wenige Stunden später sei an der Stelle, an der er einen Live-Einstieg für den ORF machte, geschossen worden.

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