Wort der Woche

Methan aus dem Magen

Große Mengen des potenten Treibhausgases Methan werden von Mikroorganismen gebildet, die in Sümpfen, Reisfeldern und Rindermägen leben. Und auch in Termiten. 

In der Frühzeit der Erde war das hochwirksame Treibhausgas Methan (CH4) ein bedeutsamer Bestandteil der Atmosphäre. Als dann Lebewesen im Laufe der Zeit immer mehr Sauerstoff produzierten, wurde Methan sukzessive aus der Atmosphäre verdrängt. Doch wir Menschen haben in jüngster Zeit wieder für einen Anstieg gesorgt: In den vergangenen 250 Jahren ist der Methan-Gehalt auf das Zweieinhalbfache gestiegen. Dies ist für rund 0,4 Grad der bisherigen menschengemachten Klimaerwärmung um 1,2 Grad verantwortlich.

Gleichauf mit Leckagen in der Erdöl- und Erdgaswirtschaft ist dafür die Landwirtschaft hauptverantwortlich – und hier wiederum (neben dem Reisanbau) vor allem die Tierhaltung. Genauer gesagt: spezialisierte Mikroorganismen, die im Pansen von Kühen, Schafen und Ziegen leben und Zellulose abbauen. Das versetzt Pflanzenfresser in die Lage, Gras zu verdauen. Die UN-Ernährungsorganisation FAO untersuchte kürzlich rund 50 Möglichkeiten, die Methan-Emissionen aus der Landwirtschaft spürbar zu vermindern (www.fao.org, 25. 9.). Auf mehr als 350 Seiten werden unzählige Details über Maßnahmen hinsichtlich Zucht, Herden- und Stallmistmanagement, Ernährung, Futterzusätzen und Pflanzenbau angeführt – breit umsetzbare Methoden sind aber weiterhin Mangelware.

Das Problem verschlimmert sich, weil die globale Erwärmung auch natürliche Methan-Emissionen ankurbelt. Etwa durch das Auftauen von Permafrostböden – in den entstehenden Sümpfen bilden die Mikroben viel Methan. Eine Rolle spielen aber auch bisher häufig übersehene Emittenten: In tropischen und subtropischen Gefilden lebenden Termiten können mithilfe der Mikroorganismen, die in ihren Verdauungstrakten leben, Holz verdauen – und ähnlich wie bei Kühen wird dabei Methan frei. Der japanische Umweltforscher Akihiko Ito (University of Tokyo) sah sich das nun genauer an und kam zu zwei bemerkenswerten Schlüssen: Erstens liegen die Termitenstaaten mit einem jährlichen Gesamtausstoß von rund 15 Mio. Tonnen in der Länderliste der weltweit größten Methan-Emittenten auf Platz sieben. Und zweitens wachsen die Emissionen der Termiten jährlich um rund fünf Prozent: zum einen, weil es immer mehr zu fressen gibt, da die Pflanzenproduktion infolge der steigenden Temperaturen und des höheren CO2-Gehalts der Luft zunimmt. Und zum anderen weil, die Erwärmung die potenziellen Lebensräume für Termiten polwärts erweitert (Scientific Reports, 11. 10).

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

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diepresse.com/wortderwoche

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