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Wie ticken die neuen Führungskräfte?

Gudrun Peter muss eine neue Legende für das Weisse Rössl finden.
Gudrun Peter muss eine neue Legende für das Weisse Rössl finden.Wildbild
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Sie tragen große Namen. Und sie sind nicht nur die neuen Führungskräfte in den eigenen Familienfirmen, sondern auch die künftigen Gestalter Österreichs. Wie ticken die neuen Chefinnen und Chefs?

Peter, Kapsch, Haselsteiner, Mateschitz, Swarovski. Hinter diesen Namen stehen Familien, die Österreichs Wirtschaft geprägt haben. Ihre Unternehmen sorgen für Tausende von Arbeitsplätzen. Obwohl sie fast alle das Rampenlicht meiden, stampfen sie tiefe Spuren in die österreichische Kultur und Gesellschaft. Inzwischen hat eine neue Riege die Führung übernommen. Wer sind die neuen Chefinnen und Chefs in den großen Traditionshäusern Österreichs?

Als Gudrun Peter das erste Mal Frotteewäsche in der Wäscherei vom Weissen Rössl faltete, brauchte sie ein „Stockerl“. „Ich war fünf Jahre alt“, sagt die 43-jährige Wirtin des Hotels in St. Wolfgang, die das Haus in fünfter Generation führt. Legendär wurde das Weisse Rössl durch die Filmkomödie aus dem Jahr 1960 mit Peter Alexander und Waltraut Haas. „Mit sechs Jahren haben wir im Kreis von Freunden und Familie den Film nachgespielt – ich habe gleich gesagt, ich mache nur mit, wenn ich die Rössl-Wirtin spielen darf.“

Die Bewahrende
Gudrun Peter übernahm 2008, zunächst mit Vater Helmut, die Geschäftsführung des legendären Hotels Weisses Rössl im Salzkammergut. Sie absolvierte die Tourismusschule in Bad Ischl, studierte Tourismuswirtschaft in Wien und besuchte die Belvoirpark-Hotelfachschule in Zürich.

Auch Samuel Kapsch lernte das Büro seines Vaters, Georg Kapsch, und dessen Maut- und Technologiekonzern schon als Kind kennen. „Mein Bruder und ich haben Mautstationen gemalt, obwohl wir noch nicht wussten, was das ist“, sagt Samuel Kapsch, der seit vergangenem Jahr das Lateinamerika-Geschäft der Kapsch Traffic Com leitet und in Santiago sitzt. Für ihn sei immer klar gewesen, dass er ins Unternehmen einsteige. Als Kapsch senior ihn fragte, ob er die Sparte mit 4200 Mitarbeitern und einem Umsatz von 520 Millionen Euro übernehmen wolle, gab er seinem Sohn für die Entscheidung 30 Sekunden Zeit. „Wenn man es wirklich will, muss man nicht lang darüber nachdenken, war seine Philosophie.“ Es sei aber schon immer festgestanden, dass es nur funktionieren könne, wenn man bestimmte Werte und Kompetenzen mitbringe, so Samuel Kapsch. Der 27-jährige Wiener studierte in Kalifornien, sammelte Arbeitserfahrungen in anderen Unternehmen, spricht fließend Spanisch.

Der Agile
Samuel Kapsch leitet seit 2022 das Lateinamerika-Geschäft der Kapsch TrafficCom. Sein Vater Georg Kapsch ist Geschäftsführer der Kapsch Group und CEO der börsenotierten Kapsch TrafficCom. Bis 2020 war er Chef der Industriellenvereinigung.

Klemens Haselsteiner war die Ausbildung im Baukonzern wichtig, den sein Vater, Hans Peter Haselsteiner, großgemacht hat. Daher stieg er schon 2011 ins Unternehmen ein. Zuvor war er bei KPMG und einem russischen Industriekonzern tätig. Inzwischen ist er CEO des drittgrößten Unternehmens in Österreich. Haselsteiner ist keiner, der ins Jammern verfällt. „Jemand, der das unternehmerische Risiko nicht scheut, hat in Österreich alle Möglichkeiten“, sagt der 42-Jährige, der sich immer wieder Vergleiche mit seinem Vater gefallen lassen muss. „Allerdings sind die bürokratischen Hürden in Österreich im Vergleich zu den USA deutlich höher“, sagt der Strabag-Vorstandsvorsitzende. Fragt man ihn nach seinem politischen Einfluss, hält er sich zurück. „Als Bauunternehmen sind wir apolitisch, da einer unserer größten Kunden die öffentliche Hand ist. Egal, wer gewählt wird, wir müssen mit allen Regierungen gut zusammenarbeiten. Daher müssen wir zu einem gewissen Grad neutral bleiben.“

Wunsch nach mehr Wertschätzung

Samuel Kapsch sieht in Österreich „viel Potenzial“ – der „Unternehmer- und Erfindergeist“ gehöre mehr gefördert. Gudrun Peter vom Weissen Rössl wünscht sich mehr Respekt und Wertschätzung gegenüber Wirtschaftstreibenden. „Wir sind oft die bösen und gierigen Unternehmer“, sagt die Wirtin. Dabei gebe es genügend Unternehmer, die 100 Stunden in der Woche arbeiten, um Arbeitsplätze zu erhalten, Finanzierungen zu stemmen und bürokratische Vorgaben zu erfüllen. „Nur hinhacken“ sei unfair.

Südamerikavorstand von Kapsch, Samuel Kapsch, hat keine Angst vor Umbrüchen.
Südamerikavorstand von Kapsch, Samuel Kapsch, hat keine Angst vor Umbrüchen.Caio Kauffmann

Sorgen, die Erwartungen nicht erfüllen zu können, blieben in ihrer Biografie nicht immer aus. „Aus Rückschlägen lernt man“, sagt Peter. Das habe sie am Scheitern ihrer Ehe gelernt. Zwischen Unternehmen und Partner sei eines auf der Strecke geblieben. Sie habe sich selbst besser kennengelernt. Der neue Mann an ihrer Seite stärkt sie inzwischen.

Arbeit ist nicht mehr der einzige Sinn

Christopher Schneider vom Family Management des Bankhauses Spängler beobachtet, dass die neue Generation den Sinn des Lebens nicht mehr nur in der Arbeit findet. „Daher gibt es die Bereitschaft, das Unternehmen breiter aufzustellen, sodass sich die Arbeit mit dem Privatleben besser vereinbaren lässt“, sagt Schneider von Spängler, die Familienunternehmen beraten. Hier finde ein Wandel statt. „Der Patriarch, der alles allein entscheidet, gehört zunehmend der Vergangenheit an.“ Die heutige Generation hinterfrage mehr. „Sie haben Respekt vor der Verantwortung, wollen das Unternehmen aber auch mit eigenen Ideen füllen. Wir treffen ausschließlich auf motivierte Nachfolger mit einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein.“

Im Gespräch mit der „Presse“ zollen alle ihren Vorgängern und Mitarbeitern großen Respekt. Kapschs Führungsstil sei von seinem Vater geprägt. „Respekt für Mitarbeiter steht an oberster Stelle.“ Aber jede Generation habe ihren eigenen Stil. Man müsse heute immer schneller agieren, nicht nur reagieren, sagt Kapsch junior. Es reiche heutzutage nicht mehr, die eigene Branche zu beobachten. Neue Entwicklungen könnten auch von kleinen Firmen oder anderen Sektoren kommen. „Ich habe keine Angst vor Umbrüchen.“

Der Würdige
Klemens Haselsteiner (42) ist seit 2011 für Strabag tätig und folgte Jänner 2023 auf Thomas Birtel als Vorstandschef des Bautechnologiekonzerns. Der im Südtiroler Bozen Aufgewachsene begann seine Berufslaufbahn 2004 bei KPMG, der eine Tätigkeit in einem russischen Industriekonzern folgte. Der Betriebswirt studierte in Chicago, ist verheiratet und hat drei Kinder.

Auch ohne Erwartungsdruck aus der Familie stehen die Nachfolger mit ihrer ganzen Identität in der Auslage. Die öffentliche Beobachtung der Beziehung von Mark Mateschitz und Victoria Swarovski ist hier nur ein Beispiel. Jeder im Unternehmen habe eine Meinung über einen, sagt Strabag-Chef Klemens Haselsteiner. Laut einer Studie der LGT Bank und EY zu Familienunternehmen haben 20  Prozent der Nachfolgegeneration beim Einstieg mit einer Junior-Wahrnehmung zu kämpfen, 18 Prozent mit fehlender Akzeptanz im Unternehmen.

Gewinne abschöpfen oder erhalten?

Anders geht es Mark Mateschitz an. Der Sohn und milliardenschwere Erbe von Dietrich Mateschitz übernimmt im Kerngeschäft des Energydrink-Unternehmens Red Bull keine operative Funktion, sondern lässt die Führungsriege selbstständig arbeiten. Allerdings will er offenbar unprofitable Beteiligungen ausgliedern.

»Ich werde das Unternehmen nie in inkompetente Hände geben.«

Samuel Kapsch

Vorstand des Lateinamerika-Geschäfts von Kapsch Traffic Com

Zu einem für Familienunternehmen radikalen Schritt rangen sich die Swarovskis durch. Um Konflikte zu vermeiden, bestellten sie mit Alexis Nasard nach 127 Jahren Unternehmensgeschichte zum ersten Mal einen externen Manager des Kristallimperiums zum CEO. Einige Erbinnen etablieren sich im Bereich Mode und Moderationen statt in der Firma. Die Familie ist immer wieder geplagt von Streitereien um die weitere Strategie. Um genau das zu vermeiden, sollte das Ziel eindeutig definiert sein, sagt Schneider vom Bankhaus Spängler: Geht es um Erhalt und Gewinnausschüttung oder um Wachstum?

Für das Weisse Rössl wird Jahrzehnte im Voraus geplant. Der Übergabeprozess an Peters älteste Tochter, die derzeit Tourismuswirtschaft studiert, werde im Jahr 2030 begonnen. „Einer wird der Verwalter und Gestalter sein. In diese Aufgabe muss man hineinwachsen, weil man sie erst einmal verstehen muss“, sagt die Hotelchefin. „Was meine Gegenwart ist, wird die Vergangenheit meiner Tochter sein. Meine Aufgabe ist, weiter Geschichte zu schreiben. Diese ist nicht mehr mit dem Singspiel verbunden.“

Auch Haselsteiners Sohn hat schon mit fünf Jahren sein Interesse am Chefposten bekundet. Doch der Vater wartet ab: „Zunächst muss Interesse bestehen und dann Commitment. Dann muss man unter Beweis stellen, dass man das auch kann.“ Für Kapsch kommt die Frage, ob einmal seine Kinder ins Unternehmen einsteigen sollen, noch zu früh. Denn die Kinder gibt es noch nicht. Aber eines steht jetzt schon fest: „Ich werde die Firma nie in inkompetente Hände geben.“ 

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