Was kann Klimaaktivismus? So malt sich die AI die Kämpfe der „Letzten Generation“ aus.
Klimafiktion

Mit Literatur für positives Klima sorgen?

Ihre dystopischen Anfänge hat die Klimafiktion hinter sich gelassen. Zwei rezente Erscheinungen widmen sich der Frage, wie weit die „Letzte Generation“ gehen darf.

Wer im Bücherregal nach Antworten auf die Klimakrise suchte, der wurde die längste Zeit — abseits von Sachbüchern und Ökothrillern — nur in Form von Dystopie und Apokalypse fündig. Für Skeptiker der engagierten Literatur keine Überraschung: Wo sich die Literatur aufs Politische einlässt, bleibt die Ästhetik gern einmal auf der Strecke. Und so wurde die Climate Fiction, seit der Etablierung des Genres (in Anlehnung an die Science Fiction), vor allem mit einer Erwartung konfrontiert: Die Menschen das Fürchten zu lehren und die Welt zum Besseren zu bekehren. Ganz abgesehen davon, dass die Ökodiktaturen in Margaret Atwoods „Oryx and Crake“ oder Cormac McCarthys „The Road“ keineswegs die grüne Wende eingeläutet haben, belegen mittlerweile empirische Studien, dass entsprechende Lektüre eher Hoffnungslosigkeit als erhöhtes Umweltbewusstsein hervorruft. Seine dystopischen Anfangszeiten hat das Genre mittlerweile hinter sich gelassen, die Wende markierte Amitav Goshs „The Great Derangement“.

Darin postuliert er die großen ökologischen Fragen der Gegenwart nun doch als erzählerischen Auftrag, bezweifelt allerdings, ob der Roman dafür die richtige Gattung sei. Dieser indirekten Aufforderung kam Richard Powers, Meister dieser Gattung, sogleich nach und legte, mittlerweile zum prototypischen Klimaroman avanciert und mit einem Pulitzerpreis gekrönt, „The Overstory“ vor. Nur kurz darauf gelang Kim Stanley Robinson mit seiner fiktionalen Ausgestaltung einer öko-marxistischen Welt in „The Ministry for the Future“, übrigens eine Lektüreempfehlung von Barack Obama, eine so dicht und überzeugend erzählte globale Zukunftsvision, dass selbst Genre-Snobs, dem Klima zuliebe, plötzlich zum Sci-Fi-Roman griffen.

Gegenwart statt dystopischer Zukunft

Nicht nur der Entwicklung des Genres, auch dem Fortschreiten der tatsächlichen Klimakrise ist es wohl geschuldet, dass diese in den letzten Jahren gegenwärtiger, kleinteiliger und somit zugänglicher erzählt wird. Maja Lunde etwa schlägt in ihrer Klimatetralogie große Erzählbögen, die eine Zukunft ohne Bienen, ohne Wasser oder Saatgut, in der der Mensch aufs Wildtier angewiesen ist, kontinuierlich mit Vergangenheit und Gegenwart unserer Welt verweben. Unter jenen, die — wie Samira El Ouassil und Friedemann Karig in ihrer Diskursanalyse „Erzählende Affen“ — sich nicht scheuen, Literatur mit demokratiepolitischen Aufgaben zu beladen, gilt gar, jeder Roman ist mittlerweile Klimaroman.

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