Junge Forschung

Von Hollywood in den Konzertsaal

Ingeborg Zechner stieß zufällig auf die Werke Waxmans, der zwei Oscars gewonnen und rund 200 Filmmusiken komponiert hatte.
Ingeborg Zechner stieß zufällig auf die Werke Waxmans, der zwei Oscars gewonnen und rund 200 Filmmusiken komponiert hatte.Helmut Lunghammer
  • Drucken

Musikwissenschaftlerin Ingeborg Zechner erhält heute für ihre Forschung zur Filmmusik des Komponisten Franz Waxman den Förderungspreis des Kardinal-Innitzer-Studienfonds.

Es dürfte ein besonderes Berufsrisiko sein. Ja, ihre Forschung habe ihr schon sehr, sehr viele Ohrwürmer gebracht, erzählt Ingeborg Zechner lachend. „Das ist auch ein Charakteristikum von Filmmusik, dass sie hängenbleiben soll“, fügt sie hinzu. So gehe es ihr aber nicht nur mit Kompositionen von Franz Waxman (1906–1967), dessen Wirken sie untersucht, sondern auch mit anderer Musik: etwa der italienischen Oper, mit der sie sich für ihre Dissertation befasste. Momentan steht die derzeit an der Uni Graz tätige Musikwissenschaftlerin mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit selbst häufig im Rampenlicht: Anfang November erhielt sie einen Förderungspreis des Landes Steiermark, heute ehrt sie der Kardinal-Innitzer-Studienfonds für ihre Habilitationsschrift.

Zwölfmal für den Oscar nominiert

Doch wie stieß Zechner auf Waxman, der mit seiner Musik zwar zwölf Mal für einen Oscar nominiert war und ihn gleich zweimal hintereinander gewann, dessen Wirken jedoch nur lückenhaft erforscht ist? Durch Zufall. Sie habe als Bachelor-Studentin der Musikwissenschaft Programmtexte für das Musikfestival im niederösterreichischen Grafenegg verfasst, erzählt sie. „Dabei entdeckte ich im Programm eines Künstlers ein virtuoses Stück für Violine von Waxman. Ich habe näher recherchiert und bemerkt, dass es nicht viel zu seiner Person gibt.“ Das fesselte sie schon damals. Doch zunächst folgten zehn Jahre Opernforschung.

Erst als sie für die Habilitation einen neuen Forschungsgegenstand suchte, fiel ihr der gebürtige Deutsch-Schlesier wieder ein. „Sein Schaffen war selbst ein Jahrzehnt ­später wissenschaftlich noch nicht viel besser erschlossen, und das, obwohl er an die 200 Filmmusiken für Hollywood komponiert hatte“, schildert sie. Zechner drang immer tiefer in die Materie ein – und startete ein vom Wissenschaftsfonds FWF gefördertes Forschungsprojekt. „Mein Ziel ist, die Biografie von Franz Waxman aufzuarbeiten und zu zeigen, wie sich eine Musikerkarriere Anfang des 20. Jahrhunderts ausgeformt hat, welche Mechanismen Anfang der 1930er-Jahre greifen, als er als Jude nach Amerika ging.“

Besonders interessierte sie, wie sich Waxman nach dem Erfolg in Hollywood von den USA ausgehend eine internationale Karriere im Konzertsaal aufbaute – und wie strategisch er dabei agierte. „Er hat in den USA ganz gut verdient und sich damit Engagements in Europa finanziert. Er hat tatsächlich selbst in der Salle Pleyel (bis zur Eröffnung der Philharmonie de Paris 2015 der einzige große symphonische Konzertsaal der Stadt, Anm.) ein Orchester gemietet und sich dort als Dirigent präsentiert. Die amerikanische Presse hat dann berichtet, dass er ein erfolgreicher europäischer Dirigent sei, das hat ihm wiederum als Karriere-Booster in den USA genutzt.“

»Waxman hat die
steirische Landeshymne verwendet, um ein
bayerisches Alpenpanorama zu parodieren.«

Ingeborg Zechner

In Österreich war Waxman nur einmal bei den Salzburger Festspielen zu Gast, und einmal dirigierte er die Wiener Symphoniker im Funkhaus. Einen – etwas kuriosen – Steiermark-Bezug entdeckte Zechner dennoch: „Waxman hat für den Film ,Das Kabinett des Doktor Larifari‘ 1930 die steirische Landeshymne verwendet, um ein bayerisches Alpenpanorama zu parodieren“, berichtet sie. Das aktuelle läuft noch, das nächste FWF-Projekt ist schon genehmigt. Ab dem Frühjahr befasst sich Zechner mit einer Theaterchronik, mit der sich Maria Theresia einst einen Überblick über ihre Hoftheater verschaffen wollte.

Und bei welcher Musik erholt sie sich von so viel Engagement? „Ich bin ein großer Fan von Queen und mag alles in Richtung Rock“, sagt sie. Zechner hat selbst Violine und klassischen Gesang gelernt, kommt aber kaum mehr dazu. „Ich bin einfach zu perfektionistisch, und dafür fehlt dann die Zeit: Ich möchte meine Energie auf eine Sache konzentrieren, bei der ich dann Profi bin – und das ist momentan für mich die Wissenschaft.“ Aktuell organisiert die vielseitige Steirerin, die als Schülerin die österreichische Langlauf-Meisterschaft gewann, etwa die internationale Konferenz „Film Music Between the Movies and the Concert Hall“, die von 23. bis 24. November in Graz stattfindet.

Zur Person

Ingeborg Zechner (35) kommt aus dem ober­steirischen Liezen. Sie promovierte 2014 an der Uni Graz in Musikwissenschaften und absolvierte einen Bachelor in BWL. Nach Studienaufenthalten an den Unis Harvard und Syracuse kehrte sie nach Österreich zurück, forschte u. a. an der Uni Salzburg. 2023 habilitierte sie sich an der Uni Graz.

Alle Beiträge auf: diepresse.com/jungeforschung

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.