Prozesstag 4

Kurz über die Chats mit Schmid: „Da waren keine Herzerln“

Der Ex-Kabinettschef im Bundeskanzleramt Bernhard Bonelli und der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz am Straflandesgericht Wien.
Der Ex-Kabinettschef im Bundeskanzleramt Bernhard Bonelli und der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz am Straflandesgericht Wien. APA / APA / Helmut Fohringer
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Ex-Kanzler Sebastian Kurz und seinem einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli wird falsche Beweisaussage vorgeworfen. Beide plädieren auf nicht schuldig. Am Freitag haben die Zeugenbefragungen mit dem einstigen ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer begonnen. „Die Presse“ berichtete live aus dem Gericht.

Um Thomas Schmid hätte sich der vierte Verhandlungstag im Prozess gegen früheren Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz und seinen einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli eigentlich drehen sollen. Immerhin strebt der frühere Generalsekretär im Finanzministerium und einstige Alleinvorstand der Staatsholding Öbag den Kronzeugenstatus und damit Straffreiheit an. Dafür sagte er rund zwei Wochen lang vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) aus und belastete mit seinen Schilderungen seinen einstigen Vertrauten Kurz schwer. Kaum verwunderlich, sollte Schmid daher als erster Zeuge im Verfahren um den Verdacht auf falsche Beweisaussage befragt werden – er kam aber nicht. Aufgrund anderer Termine sagte Schmid sein Kommen ab, erst am 11. Dezember wird er im Wiener Landesgericht für Strafsachen Platz nehmen. Präsent war der gebürtige Tiroler am vierten Prozesstag trotzdem – in Form von Chats und Erinnerungen.

So ergriff Ex-Kanzler Kurz auf eigenen Wunsch das Wort, um auszuführen, dass er die Sichtweise der Oberstaatsanwälte Gregor Adamovic und Roland Koch nicht teile. Diese hätten bisher nämlich einige wesentliche Chats nicht vorgebracht, die zeigen würden, dass Kurz und Schmid nie so eng waren, wie von der Anklagebehörde behauptet. Tatsächlich habe Schmid, den die WKStA als unterwürfigen Kurzgetreuen darstelle, stets seine eigenen Interessen verfolgt. So zitierte Kurz einen Chatverlauf, in dem er Schmid darum bat, ihm eine bestimmte Person als Pressesprecher zu organisieren. Schmid zeigte sich daraufhin gewillt und emsig dabei, das zu ermöglichen. Parallel dazu schrieb er aber an die konkrete Person, sie solle dem „Team-Kurz absagen“. Ein Handlanger sehe anders aus, schlussfolgerte Kurz. Außerdem wies er darauf hin, dass Schmid in seinen Nachrichten an Kurz ab etwa 2018 stets sehr freundlich, sehr dankbar und sehr engagiert auftrat, Herzen und Smileys verschickte und sich selbst lobte. 2017 sei das aber nicht der Fall gewesen. „Interessant“ fand das Kurz, denn immerhin habe die WKStA ihm vorgeworfen, in eben diesem Jahr Schmid den Posten als Öbag-Chef versprochen zu haben. Wäre das so gewesen, warum habe es dann „keine Herzerln oder Ähnliches“ gegeben?

Zuvor war der frühere Finanzvorstand der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), Arnold Schiefer, von Richter Michael Radasztics als Zeuge einvernommen worden. Er und Schmid sollen ein Personalpaket für die Besetzung des Vorstands und des Aufsichtsrats Öbag entworfen haben. Vor Gericht schilderte Schiefer die Vorgänge ab 2017 so: Er habe das Regierungsprogramm für die FPÖ mitverhandelt und sei darum bemüht gewesen, das bis dato gängige Proporzmodell abzugehen. Anstelle einer 50-Prozent-Aufteilung diskutierten er und Schmid („er war meine Schnittstelle zur ÖVP“) eine Zwei- zu einem Drittel-Variante (zwei Drittel türkis, ein Drittel blau). Dafür habe man eine Liste angelegt, um einen Überblick zu haben.

Außerdem habe der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) immer wieder auf das Thema gepocht, da er nicht von der ÖVP übervorteilt werden wollte. „Offensichtlich wurde der Handschlag auf der FPÖ-Seite enger interpretiert als auf ÖVP-Seite“, meinte Schiefer dazu. Letztlich habe es mehrere Listen und Ideen gegeben, die sich stetig verändert hätten: „Das ist eben Politik“, so der Zeuge – und bekam dazu einen Zuspruchsklatscher von Kurz aus der zweiten Reihe. Apropos Ex-Kanzler: Der habe nie interveniert, hielt Schiefer fest: „Kurz hat sich bei mir nie gemeldet.“

Anders freilich Schmid, mit dem er regen Kontakt hatte: Man sei nicht befreundet gewesen, meinte Schiefer, so seien auch die Nachrichten zu lesen, die zwischen den beiden hin und her gingen, als „short messages“. Als Verhandlungspartner sei er immer dann gut gelitten gewesen, wenn es ein gutes Verhandlungsergebnis für die ÖVP gegeben habe, sagte Schiefer: „Wenn ich etwas härter für die FPÖ verhandelt habe, war das nicht so.“ So verwunderte es den Zeugen auch nicht, als Richter Radasztic aus einem Chatverlauf zitierte, in dem Schmid ihn als „widerlichen Kerl“ oder als „Persona non grata“ bezeichnete. Er nehme das als Kompliment, meinte Schiefer, schließlich sei es nicht sein Ziel gewesen, „den Beliebtheitspreis bei der ÖVP zu bekommen“.

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