Letzte Generation

Klimakleber: Grenze zur Sachbeschädigung rückt näher

Neue Methode, um Verkehr lahmzulegen: „Festbetonieren“ statt „nur“ Festkleben.
Neue Methode, um Verkehr lahmzulegen: „Festbetonieren“ statt „nur“ Festkleben.Bild: Letzte Generation
  • Drucken

Sich auf einer Straße „festbetonieren“, reicht näher an den Tatbestand der Sachbeschädigung heran als bisherige Protestformen. Zuletzt hat sich aber der angebliche „Beton“ als Sand-Klebstoff-Gemisch entpuppt. Die Polizei will nun prüfen, sie geht dem Verdacht der schweren Sachbeschädigung nach.

Klima-Demonstranten, die sich selbst auf der Südautobahn, der A 2, „festbetonieren“, wie einer der Aktivisten sagte, um den Frühverkehr möglichst lange zu blockieren – dieses Szenario sorgt Montagvormittag für Aufregung. Und damit ist – auch rechtlich betrachtet – eine neue Variante des Protests erreicht.

Strafrechtlich waren Blockadeaktionen bisher nicht fassbar. Konkret: Es lagen in der Regel keine Tatbestände vor, die von der Staatsanwaltschaft zu verfolgen und strafgerichtlich zu beurteilen sind (von der Polizei verhängte Verwaltungsstrafen gab es indessen schon öfter). Das Aufbringen von Beton (wenn es denn so gewesen sein sollte) würde nun aber die Frage aufwerfen, ob es sich um Sachbeschädigung handelt.

Nun, bei näherem Hinsehen war es offenbar kein Beton, sondern ein Sand-Klebstoff-Gemisch, welches einige Aktivisten der „Letzten Generation“ verwendeten, um ihre Hände auf der Fahrbahn zu fixieren. Das Loslösen der dieserart „festbetonierten“ Handflächen dauerte dann auch länger, als hätten die Aktivisten, wie zuletzt mehrfach praktiziert, „nur“ Superkleber verwendet.

Aber die Fahrbahn dürfte nach ersten Informationen nicht beschädigt worden sein. Zur Erklärung: Nicht nur ein Beschädigen oder Zerstören, auch das Verunstalten oder Unbrauchbarmachen einer fremden Sache erfüllt den Tatbestand der Sachbeschädigung und wird mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen geahndet. Der einzelne Tagessatz richtet sich nach den Einkommensverhältnissen der jeweiligen Beschuldigten.

Abschließend ist die Frage etwaiger Beschädigungen der Fahrbahn noch nicht geklärt. In Niederösterreich, wo es Blockaden in den Bezirken Mödling und Baden gab, etwa im Bereich der Shopping City Süd, sind alle 30 Teilnehmer festgenommen worden. Dies teilte die Landespolizeidirektion Niederösterreich mit. 18 dieser 30 Personen stehen laut Polizei unter dem Verdacht der schweren Sachbeschädigung – eben durch das „Festbetonieren“, wie es die Aktivisten selbst genannt haben.

Aufschneiden eines Zauns

Typisches Beispiel für eine Sachbeschädigung ist etwa das Aufschneiden eines Maschendrahtzauns, um auf das Rollfeld eines Flughafens zu gelangen. Eine solche Sachbeschädigung haben Klimaaktivisten voriges Jahr am Areal des Flughafens Berlin-Brandenburg vorgenommen (und sich auch noch selbst dabei gefilmt, also gut verwertbares Beweismaterial gleich mitgeliefert).

Auch das Aufbringen von oranger Farbe auf der Fahrbahn könnte unter den Tatbestand der Sachbeschädigung fallen, sofern auf Seiten der Aktivisten ein entsprechender Vorsatz vorliegt. Ob das Versprühen oder Verschütten von Farbe tatsächlich als Sachbeschädigung zu werten ist, hängt davon ab, wie aufwendig die Beseitigung der Farbe ist. Muss man die Substanz nur abwaschen, ist der Tatbestand nicht erfüllt.

Nötigung scheidet auch aus

Autofahrer, die am Weiterfahren gehindert werden, haben zuletzt immer wieder argumentiert, sie seien zum Stehenbleiben genötigt worden. Allerdings ist auch der Tatbestand der Nötigung nicht erfüllt. Hier unterscheidet sich die österreichische Rechtslage von jener in Deutschland, wo es bereits sehr wohl Verurteilungen von Klimaklebern wegen Nötigung gegeben hat.

Wegen dieses Delikts macht sich in Österreich schuldig, wer einen anderen mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt. Bis zu ein Jahr Haft oder eine Geldstrafe droht. Das Festkleben (oder auch „Festbetonieren“) kann nicht schon an sich als gefährliche Drohung gewertet werden.

Bleibt noch das Element „Gewalt“. Diese ist dann gegeben, wenn jemand physisch gegen einen anderen vorgeht, also wenn jemand Kraft einsetzt, um einen Widerstand zu überwinden. Das passive Sitzen erfüllt nicht das Tatbestandsmerkmal der Gewalt. Dies wissen freilich auch die Aktivisten, die ja in den meisten Fällen rechtlich gut beraten sind.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.