Im Wiener Prater öffnet im März das neue Museum an der Straße des Ersten Mai 92 mit Schätzen aus 250-jähriger Pratergeschichte. Wir haben uns vorab in dem klimafitten Bau umgesehen.
Zwischen Riesenrad und Fahrgeschäften können sich Besucher ab März im neuen Pratermuseum einfinden – und sich an Tausenden Einzelstücken erfreuen, die von der Geschichte des Praters seit seiner Eröffnung 1766 zeugen: Pläne, Grafiken, Gemälde, Fotografien, Filmstills der zahlreichen Praterfilme, Musikdrucke, Programme und Plakate von Theatern, Varietés, Kinos, Zirkussen, Menagerien oder Zaubertheatern. Dazu Bücher, Zeitungsausschnitte und Dinge, die aus dem unmittelbaren Praterbetrieb stammen: Watschenmann, Karussellbaum mit der Figur der Fortuna, Ringelspielpferde, Automaten, Wachs- und Tierpräparate, Aufschriften und Hauszeichen bekannter Pratergasthäuser.
257 Jahre Wurstelprater in klimafitter Hülle
Das Museum entsteht an der Stelle der alten Novomatic-Spielhalle, mit zwei gleichwertigen Eingängen – einer gegenüber dem Riesenrad, einer bei der Straße des Ersten Mai. „Das Erdgeschoß haben wir sehr niederschwellig konzipiert, große Fenstertüren laden zum Eintritt ein, und das Foyer kann auch als Durchgang dienen. Das gesamte Erdgeschoß ist konsumfreier Raum und kann auch für kleine Veranstaltungen genützt werden“, erklärt Architekt Michael Wallraff. Überdies wird in dem rund 110 m2 großen Foyer die über 250-jährige Geschichte des Praters über ein großes Panoramabild thematisiert.
»Große Fenstertüren laden ins Foyer ein. Er ist konsumfreier Raum und kann auch für kleine Veranstaltungen genützt werden.“«
Michael WallraffArchitekt
Balkonblick über den Prater
Das Museum selbst ist in den beiden oberen Geschoßen auf rund 250 m2 untergebracht, die Ausstellungsgestaltung stammt ebenfalls von Wallraff, „damit beschäftigen wir uns neben der Architektur seit vielen Jahren“. Die Ausstellung „soll vergnüglich sein, Wissen auf kurzweilige Art vermitteln“, erklären die Kuratoren Suanne Winkler und Werner Michael Schwarz.
Vom Foyer aus führt eine Treppe auf eine Galerie. Im ersten Stock befinden sich 120 m2 Ausstellungsfläche, im zweiten Stock 60 m2, die durch einen rund neun Quadratmeter großen Balkon mit Blick über den Prater erweitert wird. „Natürlich soll möglichst viel Tageslicht eingesetzt werden, was aber bei jeder Ausstellung zur Gratwanderung wird, da viele Stücke darauf empfindlich reagieren. Daher gibt es auf der Südseite ein schmales Fensterband, die Holzlamellen sorgen dafür, dass nicht zu viel direktes Licht in die Räume gelangen kann.“
Nachhaltigkeit ist auch das bestimmende Thema für die Haustechnik. Durch nachhaltige Bauweise und Nutzung regenerativer Energien werden niedrige Kosten und CO2-Werte erreicht. „Strom wird durch Fotovoltaik auf dem Dach erzeugt, geheizt und gekühlt wird mit einer Luft-Wärme-Pumpe“, erläutert Wallraff.
Klimapaneele als Kunstwerk
Klimapaneele dienen zur Regulierung der Luftfeuchtigkeit, was auch die Größe der Lüftungsanlage verkleinert. Benedikt Goehmann und Maximilian Gruber von Abaton Flächenkühlung erklären: „Rund 50 Prozent des Energiebedarfs im Sommer entstehen durch das Entfeuchten der Raumluft. Mit den Paneelen wird ein Viertel davon gespart.“ Sie ziehen sich als schachbrettartige Kunstinstallation über die drei Stockwerke.
„Das Museum schließt in seiner Leichtbauweise an die Tradition historischer Praterarchitekturen an, interpretiert diese aber radikal neu“, resümiert Wallraff seinen Zugang. Und es nimmt dabei Bezug auf die Umgebung. „Das geschwungene Dach etwa dient zur freien Sicht auf das Riesenrad.“
Zum Ort, zum Objekt
Der Wiener Prater ist ein sechs Quadratkilometer umfassendes sowie großteils grünes Areal ehemaliger Donauauen in der Leopoldstadt. Ab dem späten 18. Jahrhundert entstanden im Oberen Prater Schaubühnen und Vergnügungsstätten: der Wurstelprater, offiziell Volksprater. 1873 fand hier die Weltausstellung statt, 1897 wurde das Riesenrad gebaut. Die Architektur des Museums nimmt in klimafitter Leichtbauweise Bezug auf die Geschichte. Neue Wohnungen kosten im zweiten Bezirk im Median 8692 Euro/m2.