Hausgeschichte

Das neue Pratermuseum: Mit Balkonblick und Watschenmann

Viel Holz, ein Balkon, offenes Foyer: So wird das Museum ab März 2024 aussehen.
Viel Holz, ein Balkon, offenes Foyer: So wird das Museum ab März 2024 aussehen.Michael Wallraff
  • Drucken

Im Wiener Prater öffnet im März das neue Museum an der Straße des Ersten Mai 92 mit Schätzen aus 250-jähriger Pratergeschichte. Wir haben uns vorab in dem klimafitten Bau umgesehen.

Zwischen Riesenrad und Fahrgeschäften können sich Besucher ab März im neuen Pratermuseum einfinden – und sich an Tausenden Einzelstücken erfreuen, die von der Geschichte des Praters seit seiner Eröffnung 1766 zeugen: Pläne, Grafiken, Gemälde, Fotografien, Filmstills der zahlreichen Praterfilme, Musikdrucke, Programme und Plakate von Theatern, Varietés, Kinos, Zirkussen, Menagerien oder Zaubertheatern. Dazu Bücher, Zeitungsausschnitte und Dinge, die aus dem unmittelbaren Prater­betrieb stammen: Watschenmann, Karussellbaum mit der Figur der Fortuna, Ringelspielpferde, Automaten, Wachs- und Tierpräparate, Aufschriften und Hauszeichen bekannter Pratergasthäuser.

Das geschwungene Dach ist dem Blick auf das Riesenrad  geschuldet.
Das geschwungene Dach ist dem Blick auf das Riesenrad geschuldet.Michael Wallraff
Auf drei Stockwerken gibt es über 300 m<sup>2</sup> Ausstellungsfläche.
Auf drei Stockwerken gibt es über 300 m2 Ausstellungsfläche.Michael Wallraff

257 Jahre Wurstelprater in klimafitter Hülle

Das Museum entsteht an der Stelle der alten Novomatic-Spielhalle, mit zwei gleichwertigen Eingängen – einer gegenüber dem Riesenrad, einer bei der Straße des Ersten Mai. „Das Erdgeschoß haben wir sehr niederschwellig konzipiert, große Fenstertüren laden zum Eintritt ein, und das Foyer kann auch als Durchgang dienen. Das gesamte Erdgeschoß ist konsumfreier Raum und kann auch für kleine Veranstaltungen genützt werden“, erklärt Architekt Michael Wallraff. Überdies wird in dem rund 110 m2 großen Foyer die über 250-jährige Geschichte des Praters über ein großes Panoramabild thematisiert.

»Große Fenstertüren laden ins Foyer ein. Er ist konsumfreier Raum und kann auch für kleine Veranstaltungen genützt werden.“«

Michael Wallraff

Architekt

Lichtes Entrée mit Heiz- und Kühldecke.
Lichtes Entrée mit Heiz- und Kühldecke.Anna Reinhartz

Balkonblick über den Prater

Das Museum selbst ist in den beiden oberen Geschoßen auf rund 250 m2 untergebracht, die Ausstellungsgestaltung stammt ebenfalls von Wallraff, „damit beschäftigen wir uns neben der Architektur seit vielen Jahren“. Die Ausstellung „soll vergnüglich sein, Wissen auf kurzweilige Art vermitteln“, erklären die Kuratoren Suanne Winkler und Werner Michael Schwarz.

Ansicht des neuen „Ensembles“.
Ansicht des neuen „Ensembles“.Michael Wallraff

Vom Foyer aus führt eine Treppe auf eine Galerie. Im ersten Stock befinden sich 120 m2 Ausstellungsfläche, im zweiten Stock 60 m2, die durch einen rund neun Quadratmeter großen Balkon mit Blick über den Prater erweitert wird. „Natürlich soll möglichst viel Tageslicht eingesetzt werden, was aber bei jeder Ausstellung zur Gratwanderung wird, da viele Stücke darauf empfindlich reagieren. Daher gibt es auf der Südseite ein schmales Fensterband, die Holzlamellen sorgen dafür, dass nicht zu viel direktes Licht in die Räume gelangen kann.“

Das Gebäude im Detail.
Das Gebäude im Detail.Michael Wallraff

Nachhaltigkeit ist auch das bestimmende Thema für die Haustechnik. Durch nachhaltige Bauweise und Nutzung regenerativer Energien werden niedrige Kosten und CO2-Werte erreicht. „Strom wird durch Fotovoltaik auf dem Dach erzeugt, geheizt und gekühlt wird mit einer Luft-Wärme-Pumpe“, erläutert Wallraff.

Klimapaneele als Kunstwerk

Klimapaneele dienen zur Regulierung der Luftfeuchtigkeit, was auch die Größe der Lüftungsanlage verkleinert. Benedikt Goehmann und Maximilian Gruber von Abaton Flächenkühlung erklären: „Rund 50 Prozent des Energiebedarfs im Sommer entstehen durch das Entfeuchten der Raumluft. Mit den Paneelen wird ein Viertel davon gespart.“ Sie ziehen sich als schachbrettartige Kunstinstallation über die drei Stockwerke.

Die Hochleistungskühl- und Heizwand präsentiert sich auch als Kunstinstallation.
Die Hochleistungskühl- und Heizwand präsentiert sich auch als Kunstinstallation.Anna Reinhartz

„Das Museum schließt in seiner Leichtbauweise an die Tradition historischer Praterarchitekturen an, interpretiert diese aber radikal neu“, resümiert Wallraff seinen Zugang. Und es nimmt dabei Bezug auf die Umgebung. „Das geschwungene Dach etwa dient zur freien Sicht auf das Riesenrad.“

Zum Ort, zum Objekt

Der Wiener Prater ist ein sechs Quadratkilometer umfassendes sowie großteils grünes Areal ehemaliger Donauauen in der Leopoldstadt. Ab dem späten 18. Jahrhundert entstanden im Oberen Prater Schaubühnen und Vergnügungsstätten: der Wurstelprater, offiziell Volksprater. 1873 fand hier die Weltausstellung statt, 1897 wurde das Riesenrad gebaut. Die Architektur des Museums nimmt in klimafitter Leichtbauweise Bezug auf die Geschichte. Neue Wohnungen kosten im zweiten Bezirk im Median 8692 Euro/m2.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Vom Grundriss bis zur Dachfassade wurde alles entsprechend der Größe von Reisstrohmatten strukturiert.
Hausgeschichte

Bad Hall: Wohnen nach Tatami-Maß

Flexible Raumkonzepte, Lehmputz, Reisstrohmatratzen: Für dieses Ökohaus in Bad Hall ließen sich Arkform Architekten von der japanischen Baukunst inspirieren.
Das neue Wochenendhaus mit hochklappbaren Steg aus Holz und Stroh im ehemaligen Schlosspark
Hausgeschichte

Murstetten: Öko-Schlösschen mit Zugbrücke

Mit nur 42 m2 setzte Architekt Juri Troy einen „Floh“ aus Holz und Stroh mitten ins denkmalgeschützte, raue Gelände der einstigen Goldburg in Murstetten.
Hommage an den entwendeten Original-Luster im Speisesaal des Grand Hotel Straubinger.
Hausgeschichte

Grand Hotel Straubinger: Einchecken in die Schichten der Zeit

In Bad Gastein erweckten BWM Architekten das altehrwürdige Straubinger Grand Hotel und das Badeschloss zu neuem Leben – mit konträren Designkonzepten.
The Metropolitan: Das Wohnhochhaus sticht mit plastischer, spielerischer Außenwirkung hervor.
Hausgeschichte

„Tetris“-Fassade: Balkonien, ganz neu interpretiert

Wie das Metropolitan im Wiener Sonnwendviertel zu seiner „Tetris“-Fassade gekommen ist, und was das mit seiner Grundstücksform zu tun hat.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.