In Bad Gastein erweckten BWM Architekten das altehrwürdige Straubinger Grand Hotel und das Badeschloss zu neuem Leben – mit konträren Designkonzepten.
Wer im Straubinger Grand Hotel eincheckt, erhält an der Rezeption einen altmodischen Schlüssel mit Quaste. Da im Straubinger, wie in so ziemlich allen Hotels des 21. Jahrhunderts, die Türen mit Checkkarten geöffnet werden, dient dieser Schlüssel vor allem dazu, das Bewusstsein für die große Vergangenheit des Hauses zu wecken – und dazu, sich an der Hotelbar einen Willkommenscocktail zu holen. Die Verbindung einer State-of-the-Art-Hotelausstattung mit gezielt platzierten historischen Elementen zieht sich durch die Gestaltung des wiedereröffneten Hotels.
Schluss mit „Lost Places“
Über viele Jahre hinweg standen die historischen Gebäude rund um den zentralen Straubingerplatz und insbesondere das Straubinger in Bad Gastein sinnbildlich für den Stillstand, der den mondänen Kurort, das „Monaco der Alpen“, fest im Griff hatte. Die leerstehenden Häuser verfielen zusehends und erlangten als „Lost Places“ Bekanntheit.
2017 trat das Land Salzburg in Aktion, kaufte die drei Gebäude Hotel Straubinger, Badeschloss und Alte Post vom ursprünglichen Investor zurück und verkaufte das Ensemble weiter an die deutsche Hirmer-Gruppe. Diese nahm die aufwendige Revitalisierung der denkmalgeschützten Architektur in Angriff und eröffnete im Herbst und Winter 2023 das Straubinger Grand Hotel und das gegenüberliegende Badeschloss. Mit dem Gesamtkonzept für den Straubingerplatz wurde das Wiener Architekturbüro BWM Designers & Architects betraut („Die Presse“ berichtete).
Das der Hotelsanierung zugrundeliegende Konzept der Architekten „Arbeiten mit den Schichten der Vergangenheit“ ist insbesondere in den Räumlichkeiten des Straubinger sichtbar. Durch den fast 30 Jahre lang währenden Leerstand habe sich Hausschwamm ausgebreitet, sagt Markus Kaplan von BWM. „Wir mussten alle zellulosen Holzteile, also alle Decken, entfernen, inklusive aller Stuckdecken. Da hat uns wirklich das Herz geblutet.“
»Wir mussten alle zellulosen Holzteile, also alle Decken, entfernen, inklusive aller Stuckdecken. Da hat uns wirklich das Herz geblutet.“ «
Markus KaplanBWM
Doch wo es möglich war, wurde die alte Substanz freigelegt und erhalten, etwa die originalen Stuckelemente in dem Prunksaal. So wird das Alte behutsam durch das Neue ergänzt. Das an den Wänden freigelegte Salbeigrün findet sich in der Inneneinrichtung wieder und wird durch goldene Akzente ergänzt. Und indem der neue Luster im Speisesaal nicht etwa aufgehängt wurde, sondern in der Raummitte auf einem Tisch drapiert, zollt man dem originalen Kronleuchter Respekt, der im Winter 2017 aus dem leerstehenden Hotel entwendet worden ist – und dessen Kette noch von der Decke baumelt.
Übernachten mit Badeente
Mit denkmalgeschützter Substanz und großer Vergangenheit hatten es die Architekten auch im 1791 erbauten Badeschloss zu tun. Dennoch unterscheiden sich die neu eröffneten Hotels wie zwei unterschiedliche Schwestern: Wo im Straubinger mit zurückhaltender Eleganz, mit dem Bild zeitloser Grandezza gearbeitet wird, geht es im Badeschloss sehr viel direkter und bunter zu.
Der Retro-Schwimmbad-Look mit quietschgelben Badeenten und freistehender Badeleiter im Foyer bildet einen deutlichen Gegensatz zur historischen Kulisse. Die neu erbaute Betonkonstruktion mit 13 Geschoßen, unterschiedlich gestalteten Fenstern und Rooftop-Pool ergänzt darüber hinaus das Hauptgebäude und erhöht die Zimmeranzahl des Schlosses auf 102.
Zum Ort, zu den Objekten
Seit Jahrhunderten zieht es Kurgäste zu den radonhaltigen Thermalquellen von Bad Gastein in Salzburg. In der Geschichte des weltbekannten Kurorts nimmt der Straubingerplatz eine zentrale Rolle ein. Ende 2023 wurden die Hotels Straubinger Grand Hotel und Badeschloss wiedereröffnet – auch zur Revitalisierung der Alten Post soll es Pläne geben. Häuser in (sehr) guter Lage kosten im Bezirk St. Johann im Pongau im Median 3200 Euro/m2.