Menschenrechte

Neue Kritik an Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt

Welche Stelle soll ermitteln, wenn zum Beispiel eine Amtshandlung gegen Klima-Aktivisten aus dem Ruder laufen sollte (Bild: Blockadeaktion der „Letzten Generation“ vor dem Parlament am 21. November)? Jene Beschwerdestelle, die 2024 ihren Dienst aufnimmt, stößt auf Kritik der Liga für Menschenrechte.
Welche Stelle soll ermitteln, wenn zum Beispiel eine Amtshandlung gegen Klima-Aktivisten aus dem Ruder laufen sollte (Bild: Blockadeaktion der „Letzten Generation“ vor dem Parlament am 21. November)? Jene Beschwerdestelle, die 2024 ihren Dienst aufnimmt, stößt auf Kritik der Liga für Menschenrechte.APA/Letzte Generation
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Die österreichische Liga für Menschenrechte fordert mehr Unabhängigkeit bei Ermittlungen gegen Polizeibeamte. Und mahnt eine raschere Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ein.

Anlässlich des internationalen Tags der Menschenrechte (10. Dezember), deren Verkündung durch die Vereinten Nationen heuer übrigens 75-Jahr-Jubiläum feiert, sprach die Österreichische Liga für Menschenrechte mehrere Problemfelder an. So kritisierte Liga-Präsidentin Barbara Helige (vormals Präsidentin der österreichischen Richtervereinigung) etwa die Neugestaltung der Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt.

Eine solche Stelle kommt dann zum Einsatz, wenn Vorwürfe gegen die Polizei laut werden. Beispiele: überbordende körperliche Gewalt bei Festnahmen, oder unverhältnismäßige Härte gegen Aktivisten. So hatte es etwa bei einer Klimademonstration im Mai 2019 in der Wiener Innenstadt Misshandlungsvorwürfe gegeben, die auch Strafprozesse gegen Beamte nach sich zogen. Laut türkis-grünem Regierungsprogramm sollte eine neue unabhängige Beschwerdestelle eingerichtet werden. Tatsächlich wurde, wie berichtet, im März dieses Jahres (und damit mit großer Verspätung) die neue Ausgestaltung dieser Institution vorgestellt. Für Menschenrechtsorganisationen wie etwa Amnesty International war die letztlich gefundene Lösung von Anfang an eine Enttäuschung. Denn die neue Stelle soll genau dort eingerichtet werden, wo die alte ist: im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) – unter dem Dach des Innenministeriums. Dieser Kritik schloss sich nun Helige an: „Nein, die neue Stelle ist nicht unabhängig.“

Die Liga habe schon während des Entstehungsprozesses eine negative Stellungnahme abgegeben. Gefordert habe man: „Beschwerden sollten außerhalb der Polizei aufgenommen werden.“ Helige: „Wir haben uns aber nicht durchgesetzt.“

Immerhin gebe es bei der nun beschlossenen Lösung gewisse Fortschritte. Neu ist unter anderem, dass ein Beirat außerhalb des Innenministeriums eingerichtet wird. Dieser soll unabhängig nach außen kommunizieren dürfen. Dieses Modell soll kommendes Jahr umgesetzt werden.

Verstecken müssen wegen des Glaubens

Ferner verwies Helige auf Entwicklungen, die sich durch den Hamas-Terrorangriff auf Israel verstärkt haben. Sie sprach von einer mitunter bedrohlichen Situation „für Jüdinnen und Juden, aber auch für Frauen mit Kopftüchern“. Weiter: „Es kann doch nicht sein, dass Menschen Symbole ihres Glaubens verstecken müssen, um sich vor Hass und Attacken zu schützen.“

Auch die Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge war Thema des Jahresberichts der Menschenrechts-Liga. Im Oktober habe es mehr als 80 solcher „Kinder“ im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen gegeben. Diese „Fluchtwaisen“ hätten aber nicht dieselbe Unterstützung wie österreichische Kinder, die ohne Eltern aufwachsen. Dies erläuterte Wolfgang Salm von der Plattform „Gemeinsam für Kinderrechte“.

Keine Obsorge für minderjährige Flüchtlinge

Auch für Minderjährige stelle ein Asylantrag die einzige Möglichkeit für einen Aufenthalt in Österreich dar. Das Zulassungsverfahren ziehe sich dann in der Regel mehrere Monate hin. In dieser Zeit müssten die Minderjährigen oftmals in großen Einrichtungen wie Traiskirchen bleiben. Und würden keiner Obsorge unterstellt, obgleich dies gesetzlich vorgesehen sei.

Salm: „Es sollte eine Obsorge ab dem Tag 1 geben.“ Und: „Jedes Kind sollte eine Person haben, die für seine Interessen eintritt.“

Zur Erklärung: In der Regel sind die Kinder- und Jugendanwaltschaften dafür da, rechtliche, finanzielle und wirtschaftliche Entscheidungen zum Wohle von jenen Kindern zu treffen, die keine erziehungsberechtigten Personen haben. Die Obsorge ist aber Ländersache und beginnt somit erst, wenn die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bestimmten Quartieren in den Bundesländern zugeteilt werden.

Die Länder selbst hätten es ihrerseits auch nicht unbedingt eilig, minderjährige Flüchtlinge (oft aus Afghanistan oder Syrien) aufzunehmen, so die Kritik der Liga. So vergingen in vielen Fällen Monate, manchmal auch Jahre, ehe Kinder und Jugendliche zu einer geregelten Schulbildung kommen würden. Forderung der Liga: „Das muss sich ändern.“

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