Glosse

Bei den Golden Globes wird Kunst und Kommerz nun gleichgestellt

Füllen sich die Sitze? Das ist ein Kriterium für eine neue Preiskategorie bei den Golden Globes.
Füllen sich die Sitze? Das ist ein Kriterium für eine neue Preiskategorie bei den Golden Globes.APA / APA / Georg Hochmuth
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Die Film- und TV-Preise ehren künftig auch die beste „Kassenleistung“. Das ist nicht ganz so absurd, wie es klingt – aber immer noch ziemlich absurd.

Ehre, wem Ehre gebührt. Wem aber gebührt die besondere Ehre, mit einem von Hollywoods glanzvollen Filmpreisen ausgezeichnet zu werden? Keine Frage: Nur den wirklich „besten“ Filmen. Und bei der Bestimmung ebendieser spielen Einspielergebnisse freilich überhaupt keine Rolle. Nur Qualität (und PR-Budget) zählt. Oder?

Die Golden Globes sind sich da neuerdings nicht mehr ganz sicher. Bei der jüngsten Bekanntgabe der Nominierungen für die Film- und TV-Preise, die als Gradmesser für die Oscarverleihung gelten, wurde auch eine neue Preiskategorie vorgestellt. Sie trägt den wunderlichen Titel „Best Cinematic and Box Office Achievement“. Anspruch auf diese Anerkennung dürfen nur Filme erheben, die 150 Millionen Dollar oder mehr eingespielt haben. Entsprechend finden sich unter den acht Nominierten schlichtweg die größten (US-)Kassenschlager des Jahres.

Geht diese Engführung von Marktgängigkeit und künstlerischem Erfolg nicht etwas zu weit? Wäre es nicht ratsam, zumindest so zu tun, als ginge es in Hollywood um etwas anderes als nur um Geld? Die Globes-Veranstalter würden sich wohl gegen derlei Anwürfe verwehren. Schließlich beinhaltet der Name der Kategorie den Begriff „Cinematic“! Die Auswahl des Gewinners soll also auch hier nach Kriterien der filmischen „Exzellenz“ erfolgen.

Doch wenn das stimmt, wozu dient dann der Faktor der Umsatzstärke? Wohlwollend gesagt: Die Kategorie ist ein Versuch, den Anschluss an die Jugend zu wahren und den Kinobetrieb zu stützen. Einerseits steht ihr Konzept im Geiste der 2018 gescheiterten Oscar-Idee, eine Goldstatuette für den besten „Populärfilm“ zu verleihen. Sie hätte jüngeres Publikum ködern sollen, das sich kaum für eine Nominiertenliste interessiert, die „unziemliche“ Kassenschlager außen vor lässt.

Zum anderen pflegen die Globes immer noch den Ruf, der Kinoindustrie hold zu sein. Und obwohl die neue Kategorie auch Streaming-Umsätze als Teil ihres titelgebenden „Box Office“-Kassenwerts gelten lässt, haben derzeit nur breitenwirksame Leinwandhits eine ernsthafte Chance, es in ihre engere Auswahl zu schaffen: Die kapitalen Gewinne, die sie erzielen, lassen sich ihnen größtenteils klar und eindeutig zuordnen.

Hinzu kommt, dass das öffentliche Verständnis der Grenzen zwischen Kinokunst und Kommerz dieses Jahr ohnehin stark verwischt wurde. Die Kassenknaller „Barbie“ und „Oppenheimer“ wurden von der Kritik bejubelt und sind auch in vielen anderen Globes-Kategorien nominiert. Dennoch bringt die neue Auszeichnung ein unleugbares Element der Absurdität in den Verleihungszirkus: Die Globes sind nun eine Veranstaltung, die vom kommerziellen Fernsehsender CBS übertragen wird, der dem Medienunternehmen Paramount gehört – und bei der ein Paramount-Filmprodukt („Mission: Impossible – Dead Reckoning Part One“) einen Preis dafür bekommen könnte, dass es Paramount eine schöne Stange Geld eingebracht hat.

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