Ukraine-Krieg

Selenskijs vielleicht wichtigster Bittgang nach Washington

Ein schwieriger Gang: Selenskij (Mitte) zwischen dem Führer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell (li.), und dessen Demokratischen Gegenüber Chuck Schumer.
Ein schwieriger Gang: Selenskij (Mitte) zwischen dem Führer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell (li.), und dessen Demokratischen Gegenüber Chuck Schumer.Getty Images / Drew Angerer
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Der ukrainische Präsident wirbt zum dritten Mal seit Kriegsbeginn 2022 im US-Kongress für neue Militärhilfen. Doch die Siegeshoffnungen sind verflogen, die Republikaner zieren sich bei weiterer Finanzhilfe, die Lage erscheint trüb und Russland unbezwingbar.

Washington/Kiew. Es ist womöglich ein letzter, verzweifelter Appell: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij ist am Dienstag im US-Kongress in Washington eingetroffen, um sich für eine Fortsetzung der US-Militärhilfen für sein Land einzusetzen. Geplant sind Gespräche mit Vertretern beider Kongresskammern und anschließend mit US-Präsident Joe Biden. Der Kreml bezeichnete indes weitere mögliche US-Finanzhilfen für die Ukraine angesichts seiner vorrückenden Truppen als voraussehbares „Fiasko“.

Es ist bereits Selenskjs dritter Besuch in Washington. Laut dem Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, wird es auch sein „wichtigster“ sein. Eine Pressekonferenz von Selenskij und Biden war für den späten Abend MEZ geplant.

Geld nur gegen Einwanderungsbremse

Für Selenskij (45) steht viel auf dem Spiel: Washington ist der wichtigste Unterstützer Kiews im Krieg gegen die russischen Invasoren, es hat Militärhilfen im Wert von umgerechnet bisher mehr als 44 Milliarden Euro geleistet oder zugesagt. Dahinter folgen Deutschland (ca. 17 Mrd. Euro) und Großbritannien (ca. 7 Mrd.). Die oppositionellen Republikaner lehnten jedoch in der vergangenen Woche ein von Biden vorgelegtes Finanzpaket im Volumen von 106 Milliarden Dollar (99 Mrd. Euro) vorerst ab, in dem Ukraine-Hilfen in Höhe von 61,4 Milliarden Dollar enthalten sind. Sie wollen im Gegenzug eine härtere Einwanderungspolitik vor allem hinsichtlich der Grenze zu Mexiko. Selenskij will daher auch den republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, treffen.

Bei seiner Ankunft hatte der Ukrainer am Montag eindringlich vor einem Auslaufen der US-Hilfen gewarnt: Verzögerungen seien „wahr gewordene Träume“ für den russischen Staatschef, Wladimir Putin. Putin müsse verlieren; wenn die freie Welt zögere, „freuen sich die Diktaturen“.

Eine verpuffte Offensive

Die bisherige westliche Hilfe hat im Verein mit dem Scheitern der mit viel zu viel Vorschusslorbeer bekränzten ukrainischen Frühlingsoffensive (eigentlich begann sie erst im Juni) nur, oder immerhin, zu einem Patt geführt, wobei die Russen aktuell an einigen Stellen der Front trotz des üblen Wetters wieder auf Druck setzen. Aus Moskau kommt seit Monaten wieder Häme: „Die zig Milliarden Dollar, die in die Ukraine gepumpt wurden, haben ihr nicht zu Erfolgen auf dem Schlachtfeld verholfen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Ukrainische Infanterie in der Region Donetsk.
Ukrainische Infanterie in der Region Donetsk.APA / AFP / Yasuyoshi Chiba

In einem Interview mit dem Staatsfernsehen hatte Putin am Sonntag gesagt, dass der Ukraine die Waffen „ausgehen“, weil ihre Rüstungsindustrie nicht in der Lage sei, genug zu produzieren. „Wenn es keine eigene Basis gibt, keine eigene Ideologie, keine eigene Industrie, kein eigenes Geld, nichts Eigenes, dann gibt es keine Zukunft. Und wir haben eine“, sagte Putin.

US-Präsident Biden indes hatte die Republikaner gewarnt, dass Putin nach einem russischen Sieg in der Ukraine oder schon zuvor unter Umständen auch ein Nato-Land angreifen könnte. Daher duldeten die Hilfen keinen weiteren Aufschub.

Unterdessen kam die russische Armee in der teilweise russisch besetzten südukrainischen Region Saporischschja deutlich voran. „Unsere Einheiten sind nordöstlich von Nowopokrowka deutlich vorgerückt“, erklärte der von Russland eingesetzte örtliche Gouverneur Jewgeni Balitski im Online-Dienst Telegram. Die ukrainische Armee sprach hingegen von Defensiverfolgen.

Nowopokrowka liegt nordöstlich von Robotyne. Den Ort hatte die ukrainische Armee im August eingenommen und daraufhin gehofft, im Zuge ihrer Gegenoffensive einen Durchbruch in Richtung des Asowschen Meers zu erreichen. Daraus wurde nichts.

Nach Angaben der ukrainischen Armee verstärkt Moskau die Angriffe entlang der gesamten Front. Insbesondere nahe der seit zwei Monaten umkämpften Industriestadt Awdijiwka in der ostukrainischen Region Donezk habe Russland eine „massive Offensive“ mit gepanzerten Fahrzeugen gestartet. (APA/DPA/red.)

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