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„Perfect Days“: Auf der Toilette sind wir alle gleich

„Perfect Days“ folgt einem Tokioter Toilettenreiniger (Kōji Yakusho) durch den Tag, von der Arbeit bis ins typisch japanische Badehaus.
„Perfect Days“ folgt einem Tokioter Toilettenreiniger (Kōji Yakusho) durch den Tag, von der Arbeit bis ins typisch japanische Badehaus.Polyfilm
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Ein Toilettenreiniger in Tokio, ein Autoradio und viele schöne Begegnungen: „Perfect Days“ des deutschen Regisseurs Wim Wenders ist ein zauberhafter Film, der so manche Kluft zu überbrücken vermag. Ab Freitag im Kino.

Was wäre wohl herausgekommen, wenn ein Film wie „Perfect Days“ in Wien entstanden wäre? Statt Wim Wenders hätte dann Ulrich Seidl Regie geführt, statt einem Toilettenreiniger würden wir einem der legendären Mistkübler der Magistratsabteilung 48 über die Schultern schauen, vermutlich von Georg Friedrich gespielt, und statt Lou Reeds Klassikern würden die von Georg Danzer laufen. Gut möglich, dass ein solcher Film in einem Paralleluniversum existiert. In unserer Realität gibt es den von Wim Wenders. Zum Glück, denn die hektische 14-Millionen-Metropole Tokio eignet sich ideal für diesen ruhigen Film, der wie Wenders’ jüngst erschienener „Anselm“ über den deutschen Künstler Anselm Kiefer fast schon meditativen Charakter hat.

Wir folgen einem Mann, Mitte 60, während er in einem Reihenhäuschen ohne Badezimmer aufsteht, im Morgengrauen seinen Bart zurechtschneidet, Zähne putzt, seine Pflanzen mit Wasser besprüht. Er tritt vor die Tür, schaut in den Himmel und atmet mit einem Lächeln durch, holt sich eine Dose Kaffee vom Automaten, steigt in den Firmenwagen und sucht nach einer passenden Kassette. Nein, wir sind nicht in den 1980er-Jahren. Nur ist Hirayama ein weitgehend analoger Mensch. Nichtsdestoweniger ist er in seinem Beruf mit zeitgenössischer Architektur und neuester Technologie konfrontiert.

Er reinigt die schicken Toiletten im Tokioter Stadtteil Shibuya, die tatsächlich alles andere als Filmkulissen sind. Geplant von Stararchitekten wie Tadao Andō, Shigeru Ban oder Toyo Ito werten sie seit 2020 das Image der öffentlichen Toilette auf. Sie sehen aus wie kleine Museen, Raumstationen oder durchsichtige Glaspavillons. Bei Letzten verfärben sich die Wände erst beim Zusperren, was wahrscheinlich nicht nur im Film für humorvolle Szenen und Missverständnisse sorgt.

Abends geht‘s ins Badehaus

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