Gastkommentar

Wir sollten keine Angst vor der Zukunft haben

Peter Kufner
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Im Streit um den NEKP gerät die Diskussion um Lösungen in den Hintergrund. Dabei liegen die längst auf dem Tisch.

Nach der Klimakonferenz ist vor der Umsetzung. Knapp 200 Staaten haben sich in Dubai auf einen „Übergang” weg von Öl, Kohle und Gas geeinigt. Dieses gewaltige Vorhaben wird in den einzelnen Ländern umgesetzt – oder ist wie in Österreich noch nicht einmal geplant. 

Stattdessen blamiert sich Österreich auf der EU-Ebene. Dort zieht EU-Ministerin Karoline Edtstadler den von Energieministerin Leonore Gewessler übermittelten Entwurf des Energie- und Klimaplans (NEKP) zurück. Sie nennt dabei keine inhaltlichen Kritikpunkte, sondern führt koalitionsinterne formalistische Gründe ins Treffen. Sowohl Bundeskanzler Karl Nehammer als auch Vizekanzler Werner Kogler haben es sich nehmen lassen, die Causa zu kommentieren. „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen“, könnte man einwenden – lassen Sie uns also stattdessen über Lösungen reden! 

Denn was bleibt, sind das Bild einer zerstrittenen Regierung und kein Plan: Österreich hat schlichtweg die Hausaufgabe nicht abgegeben. Weiterhin klafft eine 13-Prozent-Lücke zu den der EU zugesagten CO2-Einsparungen, damit drohen Österreich Milliardenverluste in Form von verpflichtenden Zertifikatskäufen – die Schätzungen bis 2030 liegen zwischen und 4,7 und 9,2 Milliarden Euro (BMF bzw. Rechnungshof). 

Kleinlicher Streit

Dabei gäbe es viel zu gewinnen für unser Land: Ein gestärkter Wirtschaftsstandort durch krisensichere Energieversorgung und Zukunftstechnologien und ein besseres Leben für die Menschen durch sichere Jobs, günstige Energie und höhere Lebensqualität. 

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In dem kleinlichen Streit um Zuständigkeiten gerät die Diskussion um Lösungen in den Hintergrund. Die möglichen Lösungen für die fehlenden 13 Prozent liegen spätestens seit dem öffentlichen Konsultationsprozess zum NEKP auf dem Tisch. An diesen Vorschlägen erkennen wir, wer es mit der positiven Zukunft ernst meint und wer in der Vergangenheit festhängt. 

So setzt sich die Industriellenvereinigung dafür ein, Milliarden für Zertifikate auszugeben, durch die Maßnahmen im Ausland finanziert werden sollen – dabei sollten wir dieses Geld doch in die heimische Industrie investieren. Die WKO spricht sich gegen höhere Erneuerbaren-Ziele aus – aber sollten wir krisensichere Erneuerbare für unsere Betriebe nicht eher als Wettbewerbsvorteil stärken? Tatsächlich werden wir für Verkehr, Wärmepumpen und die Elektrifizierung mancher Sektoren viel mehr Erneuerbare brauchen als derzeit im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geplant sind.

IV und WKO haben gegenüber ihren Mitgliedern die Verantwortung, sie auf dem Weg in die Zukunft zu unterstützen. Durch ihre Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners helfen sie derzeit eher den Nachzüglern und bremsen die Mitglieder mit zukunftstauglichen Geschäftsmodellen aus. Leider bleibt dadurch Österreichs Energiewende auf der Strecke. 

Der ÖAMTC spricht sich dagegen aus, die zu erzielende Reduktion auf die unterschiedlichen verursachenden Sektoren herunterzubrechen – dabei ist gerade der Verkehr Österreichs Sorgenkind und jener Sektor, der die Erfolge anderer Sektoren bei der Einsparung von Treibhausgasen zunichtemacht. Begründet wird das unter anderem mit empfundenen Einschränkungen für die Bevölkerung – dabei würden massiv ausgebaute öffentliche Verkehrsmittel und betriebliche Mobilitätskonzepte erst die Wahlfreiheit für viele Menschen ermöglichen.

Die E-Fuel Alliance kämpft mit ihrer durch unvermeidbare Umwandlungsverluste ineffizienten Technologie gegen physikalische Gesetze und für den Erhalt von Verbrennern im Individualverkehr – dabei können wir dort heute schon deutlich effizientere, günstigere Batterietechnologien nutzen und heimische Zukunftsbetriebe fördern. An diesen Beispielen zeigt sich, wie Einzelinteressen von Lobbys die Allgemeinheit aufhalten, besonders wenn sie immer noch bei der Politik Gehör finden. 

Es liegt auf der Hand

Die sinnvollen Maßnahmen liegen auf der Hand. Die Energiewende startet bei der Gebäudesanierung, denn niemand möchte Geld beim Fenster hinausheizen. Sie setzt sich beim massiv gesteigerten Ausbau von Erneuerbaren fort, denn hierdurch gewinnen wir krisensichere, günstige Energie aus Österreich für Betriebe und Menschen. Vor allem die Windenergie bietet hier noch enorme ungenutzte Potenziale, sie ist ganzjährig verfügbar und verringert den Speicherbedarf. Durch eine bundesländerübergreifende Energieraumplanung und Investitionen in die Netze schaffen wir Planungssicherheit und Energiesicherheit. Windräder im Westen würden weniger Transportkapazitäten quer durch Österreich notwendig machen, lokale Energiegemeinschaften entlasten die Netze. Eine finanzielle Beteiligung der Bevölkerung an Windparks würde deren Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich heben. Für die Energiewende und den Umbau zur Kreislaufwirtschaft brauchen wir Jobs.

Wie sollen wir uns das leisten?

Wie sollen wir uns das alles leisten? Wir leisten uns jetzt schon jährlich 5,7 Milliarden Euro in Form von klimaschädlichen Subventionen. Ersetzen wir sie durch einen angemessenen CO2-Preis mit sozial gerecht ausschütteten Einnahmen, denn so schaffen wir betriebliche Planungssicherheit und soziale Gerechtigkeit. Bei der COP trat Österreich einer Initiative von elf Ländern bei, die ankündigten, fossile Subventionen abzubauen. Der NEKP wäre der richtige Ort, diesen Ausstieg mit konkreten Plänen zu unterlegen. 

Neben den inhaltlichen Differenzen dürfte ein gemeinsam getragener Regierungsentwurf an dem langen Planungshorizont scheitern. Auch aus direkten Gesprächen wissen wir, dass die ÖVP davor zurückschreckt, Pläne über die laufende Regierungsperiode oder über das Bundesfinanzrahmengesetz hinaus einzugehen. Dies würde den Entscheidungsspielraum künftiger Regierungen beschneiden und noch nicht akkordierte Gesetzesvorhaben vorwegnehmen. 

Es wäre absolut absurd, einen Plan bis 2030 ausschließlich mit Zielen, Maßnahmen und Instrumenten bis 2027 zu erstellen. Österreich hat gegenüber der EU bereits verbindliche Einsparungsziele bis 2030 zugesagt. Der dafür notwendige Plan ist – wie der Name bereits sagt – nur ein Plan, kein Budget- oder Gesetzesbeschluss. Pläne können sich ändern, aber es ist inakzeptabel, keinen Plan zu haben – denn wir riskieren damit nicht nur Milliardenverluste, sondern unsere Zukunft. Der Zug wird auch ohne Österreich abfahren. 

Wettkampf der besten Ideen

Aufgabe der Regierung ist es, die zielführenden Maßnahmen von den sinnlosen zu trennen. Statt öffentlichen Streits über Zuständigkeiten erwarten wir einen Wettkampf der besten Ideen. Besonders die ÖVP ist gefordert, sich von den zaudernden Positionen ihrer Vorfeldorganisationen zu befreien. Niemand muss Angst haben vor einem gestärkten Wirtschaftsstandort, günstiger Energieversorgung und sicheren Jobs. Es ist höchste Zeit, die inhaltlich besten Lösungen für unsere positive Zukunft einzuplanen. 

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Der Autor

Beigestellt.

Christian Kdolsky (* 1977) studierte Kommunikation und Management in Krems sowie Multimediaart in Salzburg. Nach Stationen bei Werbeagenturen und in NGOs übernahm er 2022 die Sprecherrolle des Klimavolksbegehrens.

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