Einspruch

Das plötzliche Verschwinden der British Library

Bibliotheken-Vernichtung war einmal? Der verheerende Cyberangriff auf die British Library belehrt uns eines Schlimmeren.

Sie steht unbeschadet an ihrem Platz in London, Menschen können sich in den Lesesaal setzen, sogar Personal sitzt hinter Schaltern. Und doch geht es gespenstisch zu in der britischen Nationalbibliothek, diesem umfangreichsten physischen Wissensspeicher der Welt. Er ist noch da – und irgendwie auch nicht. Denn die Schlüssel sind verloren.

Seit Ende Oktober, als die Cyberkriminellen-Gruppe Rhysida Teile des digitalen Bibliothekssystems zerstört und danach fast 500.000 Dateien im Darknet zum Verkauf angeboten hat, ist die British Library gewissermaßen verschüttet. Ja, die zwei Originale der Magna Carta sind noch da, das einzige erhaltene Manuskript des größten altenglischen Epos („Beowulf“), die Pergament-Exemplare der Gutenberg-Bibel, der Codex Sinaiticus, all die raren Schätze, zurückgehend bis ins 17. Jh. v. Chr., einige der kostbarsten Schriften der Welt. Aber der Weg zu den insgesamt rund 170 Millionen Werken ist verschwunden: Sie können nicht per Katalog gefunden, zugänglich gemacht werden. Zwar soll das neue Jahr die schrittweise Wiederauferstehung der British Library bringen. Dennoch führt die Attacke drastisch vor Augen, wie verletzlich das „Wissen der Welt“ (so das alte, nicht heillos übertriebene Motto dieser Institution) trotz Digitalisierung bleibt.

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