Der ökonomische Blick

Wie klimapolitische Untätigkeit unser Budget belastet

Erst seit kurzem rücken die budgetären Kosten einer unzureichenden Klimapolitik sowie mit dem Klimawandel verbundene budgetäre Risiken stärker in den Fokus.
Erst seit kurzem rücken die budgetären Kosten einer unzureichenden Klimapolitik sowie mit dem Klimawandel verbundene budgetäre Risiken stärker in den Fokus.Imago / Andreas Stroh
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Die öffentlichen Haushalte werden bereits jetzt erheblich durch klimapolitische Untätigkeit und eine unzureichende Klimapolitik belastet. Die Einbeziehung von Klimarisiken in Budgetplanungen und Prognosen sollte für wichtige Budgetpositionen explizit ausgewiesen werden.

In der wirtschaftspolitischen und akademischen Diskussion im Zusammenhang mit Klimapolitik dominieren häufig Argumente, die die budgetären Kosten von Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsmaßnahmen hervorstreichen, während deren Nutzen sowie die (mögliche) budgetäre Belastung durch das Unterlassen solcher Maßnahmen weitaus weniger Beachtung finden. Erst seit kurzem rücken die budgetären Kosten einer unzureichenden Klimapolitik sowie mit dem Klimawandel verbundene budgetäre Risiken stärker in den Fokus.

Mögliche direkte Kosten klimapolitischer Untätigkeit bzw. klimabedingte Budgetrisiken für die öffentlichen Haushalte umfassen zunächst öffentliche Ausgaben für Maßnahmen der Klimawandelanpassung. Zudem entstehen budgetäre Kosten und Risiken durch die Beseitigung von Schäden durch extreme Wetterereignisse infolge der globalen Erwärmung bzw. Kompensationszahlungen an private Haushalte und Unternehmen für solche nicht versicherten Schäden, die auf allen föderalen Ebenen anfallen können. Mittel- bis längerfristig gehören auch zusätzliche Gesundheitsausgaben zu den durch den Klimawandel bedingten Ausgaben.

Quantitativ oder qualitativ unzureichende Klimawandelanpassungsmaßnahmen und Klimaschutzmaßnahmen erhöhen also die budgetären Kosten bzw. Budgetrisiken durch klimabedingte Schäden. Sollte Österreich die internationalen bzw. europäischen Klimaziele verfehlen, wären darüber hinaus Zertifikatskäufe zur Erfüllung der vereinbarten Reduktionsziele erforderlich. Hinzu kommen die Beiträge Österreichs zur internationalen Klimafinanzierung. Auch könnte klimawandelbedingte Zuwanderung nach Österreich die öffentlichen Haushalte auf allen gebietskörperschaftlichen Ebenen zusätzlich belasten. Nicht zuletzt werden die öffentlichen Haushalte durch Subventionen mit klimakontraproduktiver Wirkung in Form von entsprechenden Ausgaben oder - im Falle klimakontraproduktiver Steuerausnahmen – von entgangenen Steuereinnahmen belastet.

Was ist „Der ökonomische Blick“?

Jede Woche gestaltet die Nationalökonomische Gesellschaft (NOeG) in Kooperation mit der „Presse“ einen Blogbeitrag zu einem aktuellen ökonomischen Thema. Die NOeG ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung der Wirtschaftswissenschaften.

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Klimawandel kann staatliches Vermögen entwerten

Mögliche indirekte Kosten des Nichthandelns für die öffentlichen Haushalte können ebenso aus mehreren Quellen stammen. Eine erste Kategorie sind mögliche negative Auswirkungen von Klimarisiken auf die Finanzierungskosten der öffentlichen Hand. Konkret könnte sich das in einer Verschlechterung des Ratings für Österreich (sowohl für den Bund als auch für die Bundesländer) niederschlagen. Zweitens wirkt sich ein durch den Klimawandel verursachtes geringeres BIP-Wachstum negativ auf die öffentlichen Haushalte aus. Solche Wachstumseinbußen betreffen die öffentlichen Finanzen in Form von entgangenen Steuer- und Abgabenein­nahmen, die sämtliche föderalen Ebenen betreffen, bzw. zusätzlichen Ausgaben (z. B. für Arbeitslosenzahlungen, die das Bundesbudget belasten). Der Klimawandel kann schließlich auch zu einer Entwertung staatlichen Vermögens (etwa Infrastruktur) führen, was sämtliche Gebietskörperschaften betreffen kann.

Unsere Auswertung bestehender Analysen illustriert, dass die öffentlichen Haushalte bereits jetzt erheblich durch klimapolitische Untätigkeit bzw. eine unzureichende Klimapolitik belastet werden und auch künftige Budgetrisiken ein beträchtliches Ausmaß erreichen dürften.

Künftige klimabedingte Budgetrisiken können allein durch künftige Anpassungsmaßnahmen und Beiträge zur internationalen Klimafinanzierung bis 2030 jährliche Ausgaben von 2,1 Milliarden Euro verursachen. Hinzu kommen mögliche Ausgaben für Zertifikatekauf im Zeitraum 2021 bis 2030 von kumuliert 4,7 Milliarden Euro sowie eine anhaltend hohe künftige Budgetbelastung, wenn der Abbau der dauerhaften klimakontraproduktiven Subventionen, die derzeit einen Umfang von 4,1 bis 5,7 Milliarden Euro pro Jahr erreichen, nicht gelingt.

Klimarisiken müssen Teil der Budgetplanung werden

Klimarisiken sollten systematisch in den langfristigen Budgetplanungsprozess einbezogen werden, als wichtiger Schritt für die Sicherung der langfristigen Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen. Um den Unsicherheiten hinsichtlich künftiger Emissionsentwicklungen, Reaktionen im Klimasystem sowie Klimapolitikmaßnahmen Rechnung tragen zu können, ist insbesondere die Anwendung von Szenariotechniken, die von unterschiedlichen Annahmen ausgehen, vonnöten.

Die Einbeziehung von Klimarisiken in Budgetplanungen und Prognosen sollte für wichtige Budgetpositionen explizit ausgewiesen werden. Dies betrifft insbesondere die Prognosen für Zinsausgaben oder Mehrausgaben und Mindereinnahmen aufgrund von klimawandelinduzierten BIP- bzw. Produktivitätsverlusten, tiefgreifendem Strukturwandel im Wirtschaftssystem oder klimawandelbedingten Schäden (z. B. höhere Gesundheitsausgaben oder Ausgaben für die Wiederherstellung von Infrastruktur und Ausgleichszahlungen nach Extremwetterereignissen). Auch in Schuldentragfähigkeitsanalysen, die aktuell ausschließlich auf demografiebezogene Einflüsse fokussieren, sind budgetäre Klimarisiken künftig zu berücksichtigen. Zudem sollte die transparente und umfassende Darstellung bereits bestehender Kosten des Nichthandelns in der Klimapolitik weiter ausgebaut werden.

Erforderlich ist darüber hinaus das Schließen von Datenlücken. Vor allem für die subnationalen Ebenen sind viele relevante Ist-Budgetdaten (etwa zu den klimakontraproduktiven Subventionen oder zu Ausgaben für Klimawandelanpassungsmaßnahmen) nicht oder nicht umfassend vorhanden. Zudem ist eine regelmäßige Berichterstattung über bereits heute anfallende Kosten des Nichthandelns für sämtliche gebietskörperschaftlichen Ebenen zu etablieren.

Neben einer Intensivierung der Kooperation zwischen Ministerien und Gebietskörperschaften zur Verbesserung der Integration von klimabedingten Kosten und Budgetrisiken in Budgetdokumenten und Budgetplanung sind Schritte zur Kostenreduktion erforderlich. Einige der bestehenden Kostenpositionen bzw. Budgetrisiken können durch klimapolitisches Handeln in Österreich reduziert oder beseitigt werden. Dies betrifft insbesondere die klimakontraproduktiven Subventionen, die zum großen Teil unmittelbar von der österreichischen Politik beeinflusst werden können. Auch das Risiko hoher Ausgaben für Zertifikatekäufe sowie steigender Finanzierungskosten für die Staatsschuld ist Resultat österreichischer Politikentscheidungen.

Die Autoren

beigestellt/Alexander Müller

Angela Köppl ist Ökonomin und arbeitet seit 1992 für das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Schlüsselbereiche ihrer Forschungstätigkeit sind Fragen des Klimawandels und der Restrukturierung des Energiesystems, ökonomische Instrumente der Klimapolitik sowie die Energie- und Klimapolitik Österreichs und der EU. Sie ist Vizepräsidentin des Austrian Chapter of the Club of Rome und war Mitglied des Gründungsvorstands des Climate Change Center Austria (CCCA).

beigestellt

Margit Schratzenstaller ist Senior Economist in der Forschungsgruppe Makroökonomie und Öffentliche Finanzen am WIFO. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Budget- und Steuerpolitik, grüne öffentliche Finanzen, Finanzausgleich und EU-Budget.

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