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Bericht: Langjähriger CDU-Politiker organisierte Treffen mit Sellner in Privatwohnung

Der Ex-Sprecher der Identitären, Martin Sellner, ist auch in der rechtsextremen Szene in Deutschland aktiv.
Der Ex-Sprecher der Identitären, Martin Sellner, ist auch in der rechtsextremen Szene in Deutschland aktiv.Unbekannt
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Frühere Berliner CDU-Finanzsenator Peter Kurth soll in Berlin AfD-Politiker sowie Mitglieder der rechtsextremen Identitären, daruntern Martin Sellner, empfangen haben. Deutschlands Kanzler Scholz vergleicht die bei einem Geheimtreffen publik gewordenen „Remigrations“-Pläne mit der Rassenideologie der Nazis.

Der frühere Berliner CDU-Finanzsenator Peter Kurth hat einem „Spiegel“-Bericht zufolge engere Verbindungen ins rechtsradikale Milieu als bisher bekannt. Wie das Magazin am Freitag berichtet, engagiert sich Kurth, seit September nicht mehr CDU-Mitglied, bereits seit mehreren Jahren in einer ultrarechten Berliner Burschenschaft und soll in die Finanzierung eines Immobilienprojekts der rechtsextremistischen sogenannten Identitären Bewegung (IB) in Chemnitz eingebunden gewesen sein. Gegen IB-Funktionäre ermittelt demnach die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Immobilie wegen Geldwäscheverdachts.

In Finanzierung eines Immobilienprojekts der Identitären verwickelt

Dem Bericht zufolge gehört der langjährige Christdemokrat Kurth seit 2014 dem Vorstand der „Vereinigung Alter Gothen e.V.“ an, die unter anderem das Vermögen der Berliner Burschenschaft Gothia verwaltet. 2023 übernahm Kurth demnach den Vorsitz des Vereins. Die Burschenschaft Gothia soll weitreichende Kontakte in die rechtsextreme Szene unterhalten.

Auf dem Gelände der Gothia in Berlin-Zehlendorf trafen sich laut „Spiegel“ mehrfach Funktionäre der AfD, ihrer Jugendorganisation Junge Alternative und der IB. Aus internen Unterlagen gehe hervor, dass mehrere Gothia-Mitglieder in der AfD oder der Jungen Alternative aktiv seien - darunter Martin Kohler, Chef der Jungen Alternative in Berlin und Fraktionsvorsitzender der AfD in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf.

Wie das Magazin unter Berufung auf „übereinstimmende Angaben aus Sicherheitskreisen“ berichtete, soll Kurth in die Finanzierung eines Geschäftsraums der Identitären Bewegung in Chemnitz eingebunden sein. „Mehreren Quellen zufolge“ soll Kurth „eine hohe Summe“ in das Projekt investiert haben. Den Geschäftsraum soll die Identitäre Bewegung später als Treffpunkt genutzt haben.

Ermittlungsverfahren wegen Verdacht auf Geldwäsche

Wie die Staatsanwaltschaft Chemnitz dem Magazin bestätigte, läuft im Zusammenhang mit der Immobilie ein Ermittlungsverfahren gegen IB-Funktionäre wegen Geldwäscheverdachts. Bei den Beschuldigten handelt es sich demnach um IB-Bundeschef Philip Thaler und den Chemnitzer Ortsgruppenleiter.

Die Beschuldigten sollen im Oktober 2022 in Chemnitz eine Immobilienfirma gegründet haben, die wenig später das Ladenlokal in der Stadt gekauft haben soll. Im Zuge des Geschäfts soll es eine größere Transaktion gegeben haben, die eine Geldwäscheverdachtsanzeige zur Folge hatte. Ob dieser Vorgang in direktem Zusammenhang mit Kurth stehe, sei unklar. Laut Staatsanwaltschaft werde Kurth in dem Ermittlungsverfahren bislang nicht als Beschuldigter geführt.

In der vergangenen Woche war eine von Kurth initiierte Veranstaltung in dessen Privatwohnung in Berlin-Mitte im Juli 2023 bekannt geworden. Daran sollen Medienberichten zufolge auch die Berliner AfD-Landes- und Fraktionschefin Kristin Brinker, der Rechtsextremist Martin Sellner, der spätere AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, und der rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek teilgenommen haben. Dabei hatte Krah sein Buch „Politik von rechts“ vorgestellt, das in Kubitscheks Verlag erschien.

Scholz: Umsiedlungspläne „sind Angriff auf Demokratie“

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verglich die „Remigrations“-Pläne Rechtsradikaler in Deutschland mit der Rassenideologie der Nationalsozialisten. „Wenn etwas in Deutschland nie wieder Platz haben darf, dann ist es die völkische Rassenideologie der Nationalsozialisten. Nichts anderes kommt in den abstoßenden Umsiedlungsplänen der Extremisten zum Ausdruck“, sagt er in der neuen Ausgabe seiner Videoreihen „Kanzler kompakt“, die am Freitag veröffentlicht wurde.

„Sie sind ein Angriff auf unsere Demokratie – und damit auf uns alle“, hieß es weiter. Scholz betonte, dass nun alle Menschen in Deutschland gefordert seien, klar und deutlich Stellung zu beziehen: „Für Zusammenhalt, für Toleranz, für unser demokratisches Deutschland.“

Scholz bezieht sich auf das Treffen Rechtsradikaler am 25. November in einer Potsdamer Villa, über das das Medienhaus Correctiv berichtet hat. Daran hatten mehrere AfD-Politiker teilgenommen sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über „Remigration“ gesprochen. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

Neunzig Kundgebungen gegen Rechts geplant

Die Berichterstattung hat zu einer Demonstrationswelle gegen Rechtsextremismus in Deutschland geführt. Auch für das Wochenende sind in einer Vielzahl großer und kleinerer Städte insgesamt rund 90 Kundgebungen angemeldet, wie aus einer Auflistung des Portals Zusammen gegen Rechts mit Stand vom Freitagmittag hervorgeht. Allein in München rufen mehr als 200 Organisationen zu einer Großdemonstration am Sonntag auf.

Bereits für den Freitagnachmittag waren Veranstaltungen etwa in Hamburg und Münster geplant. Für den Samstag sind der Auflistung zufolge Kundgebungen unter anderem in Nürnberg, Dortmund, Hannover, Erfurt, Magdeburg und Frankfurt am Main angesetzt. Am Sonntag soll außer in München unter anderem auch in Berlin, Köln, Dresden, Leipzig und Bonn demonstriert werden. Für die Großkundgebung in München rechnen die Veranstalter der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge mit mehr als 30.000 Teilnehmern. In Stuttgart sind sowohl für Samstag als auch für Sonntag Veranstaltungen geplant. (APA/AFP)

>>> Bericht im Spiegel.

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