Prozesstag 9

Kurz vor Gericht: „Ich kriege schön langsam Schwammerl“

Sebastian Kurz am Donnerstag bei der Fortsetzung des Prozesses wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss im Landesgericht für Strafsachen in Wien.
Sebastian Kurz am Donnerstag bei der Fortsetzung des Prozesses wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss im Landesgericht für Strafsachen in Wien. APA / APA / Tobias Steinmaurer
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Ex-Kanzler Kurz wird falsche Beweisaussage rund um die Staatsholding Öbag vorgeworfen – er bestreitet. Ex-Finanzminister Blümel sagte als Zeuge aus. „Die Presse“ berichtete live aus dem Wiener Straflandesgericht.

„Schmid-AG fertig.“ „Dein Erfolg.“ So lauten einige Chatnachrichten, die der frühere Regierungskoordinator und Ex-Minister Gernot Blümel an Thomas Schmid geschrieben hat. Und die am Donnerstag im Straflandesgericht Wien von Richter Michael Radasztics zitiert wurden. Warum der damalige Generalsekretär und Kabinettschef im Finanzministerium derart eng mit der Staatsholding Öbag in Verbindung gebracht wurde? „Weil er die Knochenarbeit“ bei deren Umstrukturierung gemacht habe, sagte darauf der Zeuge. „Sicher?“, hakte der Richter nach. „Nicht etwa, weil Schmid hinter den Kulissen längst als künftiger Öbag-Chef vorgesehen war?“ Er wisse nicht mehr, wann sich dieser für den Posten als Alleinvorstand beworben habe, antwortete Blümel unter Wahrheitspflicht. Aber: Schmid habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass er den Job haben wollte.

Sehr deutlich machte Blümel sodann auch, dass die Letztentscheidung innerhalb eines Ministeriums immer beim jeweiligen Minister liege. „Auch wenn im Vorfeld diskutiert worden ist und manche vielleicht andere Meinungen hatten, habe ich als Minister entschieden“, wiederholte der Zeuge mehrmals. Ebenfalls ganz normal sei es gewesen, sich im Vorfeld abzustimmen – einerseits innerhalb eines Ministeriums, andererseits innerhalb der Bundesregierung (damals bestehend aus ÖVP und FPÖ). Denn im Ministerrat herrsche das Einstimmigkeitsprinzip, sollte dort plötzlich ein Regierungsmitglied aufstehen und alles umwerfen, wäre das peinlich.

Blümel: „Regierung ist Leben im gefühlten Ausnahmezustand“

Freilich, meinte der Zeuge weiter, gebe es immer wieder unterschiedliche Auffassungen und Dringlichkeiten, aber das gehöre nunmal dazu: „Das Leben in der Bundesregierung ist das Leben in einem ständig gefühlten Ausnahmezustand.“ Man lebe als Politiker nämlich „zwischen Veranstaltungen und Sitzungen“. Da sei es auch normal, dass es manchmal etwas heftiger zugehe, weswegen es dann „das Bedürfnis nach emotionaler Aussprache“ gebe, „nach Teambuilding“.

Deutlich wortkarger gab sich Blümel bei Fragen nach dem zwischen Türkis und Blau im Jahr 2017 ausverhandelten Sideletter zum Regierungsabkommen. Er folge hier einem Rat seines Anwaltes, so Blümel. Dieser habe ihm geraten, sich zu entschlagen, um sich selbst nicht einer möglichen strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen. Die Debatte darüber mit den beiden Oberstaatsanwälten Gregor Adamovic und Roland Koch gipfelte in einem kurzen Gelächter im Großen Schwurgerichtssaal. Denn: Blümel adressierte Adamovic mehrfach als „Herr Staatssekretär“ und wurde von diesem mehrmals korrigiert: „Bleiben wir bei Staatsanwalt.“ Die Pointe setze der Richter: „Ob Staatssekretär oder Staatsanwalt, Hauptsache Italien.“

Kurz gibt Stellungnahme ab, Russen kommen am 31. Jänner dran

Nach Blümels Einvernahme ergriff Ex-Kanzler Kurz die Möglichkeit, eine Stellungnahme zu dem bisher Gehörten abzugeben. Mit sich mehrfach überschlagender Stimme betonte er: „Ich kriege schön langsam Schwammerl.“ Denn die WKStA versuche, eine Bild zu zeichnen, wonach er sich vor Verantwortung drücken wollte. Das stimme aber nicht. So habe er beispielsweise im ORF-„Sommergespräch“ vor einem Millionenpublikum gesagt, dass er Susanne Höllinger zur Öbag-Aufsichtsrätin machen wollte. Im U-Ausschuss habe er korrekt geantwortet, dass die Letztverantwortung dafür beim Finanzminister gelegen habe. Das sei doch kein Widerspruch und kein Drücken – denn die Reichweite des Fernsehens sei doch wohl größer als die des U-Ausschusses.

Das letzte Wort hatte sodann der Richter, indem er den weiteren Verhandlungsplan ankündigte: Am 30. Jänner sollen der Öbag-Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Kern, der frühere Generalsekretär im Kanzleramt Bernd Brünner und Höllinger einvernommen werden. Am 31. Jänner folge dann die Einvernahme von Günther Helm, einstiger Chef des Diskonters Hofer und später Öbag-Aufsichtsrat. Ab 13 Uhr sollen zudem die beiden russischen Geschäftsmänner Waleri Afinogenow und Aleko A. via Videoschaltung in die österreichische Botschaft nach Moskau befragt werden. Der aus heutiger Sicht letzte Verhandlungstag dürfte der 23. Februar sein. Der Liveticker zum Nachlesen:

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