„Österreichplan“

Von Vollzeitbonus bis Großelternkarenz: Was Nehammer heute vorschlagen wird

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) APA / APA / Georg Hochmuth
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Der „Österreichplan“ der ÖVP sieht unter anderem eine „Eigentumsoffensive“ und ein „Null-Toleranz-Prinzip bei Kriminellen“ vor. Sozialleistungen soll es erst nach fünf Jahren legalem Aufenthalt geben, der Steuersatz von 48 Prozent gestrichen werden.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) präsentiert heute in Wels in einer groß inszenierten Rede seinen „Österreichplan“, mit dem er den Wahlkampf für EU- und Nationalratswahl einläuten wird. Häppchenweise wurden einige seiner Vorschläge in den vergangenen Tagen bereits veröffentlicht - nun liegt der gesamte Plan vor. Die wichtigsten Inhalte im Überblick.

Das größte Kapitel in Nehammers „Österreichplan“ heißt „Mit Leistung Zukunft schaffen“. Der Kanzler propagiert ein „Programm für die fünf Millionen“, also für jene Menschen, die „unser gesamtes System mit ihrer Steuerleistung finanzieren“.

  • Der Eingangssteuersatz soll von 20 auf 15 Prozent sinken.
  • Der Steuersatz von 48 Prozent, der bei einem Jahreseinkommen zwischen rund 67.000 und 99.000 Euro fällig wird, soll gestrichen werden, „um jene, die den größten Anteil zum Steueraufkommen leisten, zu entlasten“.
  • Die ÖVP will einen jährlichen steuerlichen Vollzeitbonus in Höhe von 1.000 Euro einführen. Erleichterungen soll es auch für Menschen geben, die wegen Pflege- oder Kinderbetreuungsaufgaben Teilzeit arbeiten.
  • Bis 2030 fordert die ÖVP außerdem einen Lohnnebenkosten-Senkungspfad um 0,5 Prozentpunkte jährlich. Erreichen will man dies durch eine Reduktion der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (die Finanzierung des Arbeitslosengelds soll aus ÖVP-Sicht neu strukturiert werden) sowie durch Überführung eines Teils der dienstgeberfinanzierten Beiträge des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) in das Bundesbudget.
  • Überstunden sollen zur Gänze steuerfrei gestellt werden, „um jene zu unterstützen, die mehr leisten als sie müssten“.
  • Die Ersatzrate beim Arbeitslosengeld soll von 55 auf 50 Prozent sinken, eine geringfügige Beschäftigung nebenbei soll verboten werden. Wer Sozialhilfe bezieht und arbeitsfähig ist, soll gemeinnützige Arbeit verrichten.
  • Menschen, die nach dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter arbeiten, sollen keine Pensionsversicherungsbeiträge mehr bezahlen.

Um den Wirtschaftsstandort zu stärken, setzt Nehammer auf das Motto „Europe first“:

  • Bei mit Steuergeld geförderten Produkten kritischer Infrastruktur und Industrie und im öffentlichen Vergabewesen sollen EU-Produkte bevorzugt werden. „Es kann nicht sein, dass wir im öffentlichen Betrieb subventionierte asiatische Produkte vor europäischen verwenden“, heißt es im „Österreichplan“.
  • Um die Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen zu senken, will die ÖVP Anreize für die Produktion sowie den Abbau in Österreich und eine Reform der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), um den Abbau kritischer Rohstoffe zu vereinfachen.
  • Bis 2030 will Nehammer außerdem die Kapitalertragssteuern bei Spareinlagen am Sparbuch bis 100.000 Euro abschaffen.
  • Ein klares Nein kommt von der ÖVP einmal mehr zu Vermögens- und Erbschaftssteuern.

Um Familien zu fördern, wirbt die ÖVP unter anderem für eine „Eigentumsoffensive“, mit der die Eigentumsquote von 48 Prozent auf 60 Prozent gehoben werden soll.

  • Ein staatlich besicherter Wohnbaukredit auf das erste Eigenheim und die Abschaffung aller Gebühren und Steuern auf das erste Eigenheim sollen Jungfamilien den Eigentumserwerb erleichtern.
  • Genossenschaftswohnungen sollen jederzeit zu den Errichtungskosten erwerbbar sein und nicht zum Verkehrswert.
  • „Echte Wahlfreiheit“ für Familien will die ÖVP durch die flächendeckende Versorgung von Kinderbetreuung sowie die Einführung einer Großelternkarenz ermöglicht werden.
  • Im Gesundheitssystem sieht der Plan 800 neue Kassenstellen (also 700 zusätzliche zu den bereits ausgeschriebenen 100) vor. Außerdem sollen Primärversorgungszentren massiv ausgebaut werden.

Zum Thema Bildung heißt es: „Im Jahr 2030 sollen etwa Kinder an Österreichs Schulen lernen, Apps zu entwickeln – und nicht nur deren Anwendung“. Die ÖVP will außerdem:

  • Die Leistungsgruppen in Mittelschulen wiedereinführen.
  • Am Ende der Schulpflicht eine Bildungspflicht einführen, also Grundkenntnisse in Deutsch, Mathematik und Englisch überprüfen.
  • In jedem Bundesland eine bi- oder multilinguale Schule errichten.
  • Die AHS „als schnellsten Weg zur Universität stärken. Dazu sollen bereits in der Schule Lehrangebote von Universitäten in den Unterricht integriert werden.

Unter dem Titel „Null-Toleranz-Prinzip bei Kriminellen“ widmet sich Nehammer dem Thema Sicherheit.

  • Für Wiederholungstäter „und jene, die unsere Exekutivkräfte nicht respektieren“ fordert der Kanzler härtere Strafen.
  • Härtere Strafen will Nehammer auch für „Klimakleber“ - „durch Schaffung neuer Straftatbestände sowie Strafverschärfungen in der Straßenverkehrsordnung, damit Einsatzfahrzeuge nicht mehr behindert werden“.
  • Auch eine Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten im digitalen Raum zur Bekämpfung von terroristischen Organisationen und organisierter Kriminalität findet sich im Plan, ebenso eine „massive Aufstockung im Bereich Cybercrime und Bekämpfung von missbräuchlichen Einsatz von KI“.
  • Außerdem schlägt Nehammer die Schaffung von „32.000 mobilen Polizeiinspektionen durch eine Modernisierungs- und Ausrüstungsoffensive“ vor. Das Ziel: Bürger sollen somit für eine Amtshandlung nicht mehr auf eine Polizeiinspektion gehen müssen, sondern die Polizeiinspektion soll „in Form des Polizisten“ zu ihm kommen.

Auch beim Thema Migration will Nehammer Härte demonstrieren.

  • Die vollen Sozialleistungen sollen erst nach fünf Jahren legalem Aufenthalt in Österreich gewährt werden. Außerdem sind ausschließlich Sachleistungen und Gutscheine statt Geldleistungen vorgesehen.
  • Illegale Migration soll durch „Asylzentren“ in Drittstaaten verringert werden.
  • Abgelehnten Asylwerbern soll die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, um zu verhindern, dass sie untertauchen.
  • Bei der Einreise sollen die Wertsachen von Asylwerbern beschlagnahmt werden, um die Kosten zu decken.
  • Erleichtern will die ÖVP die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte - dazu soll es eine Vereinfachung und einen Abbau von Bürokratie bei der Rot-Weiß-Rot-Karte geben. Die Karte soll künftig binnen 72 Stunden ausgestellt werden und eine „vollständige digitale Antragstellung“ ermöglicht werden. Auch soll die Nostrifizierung für Länder und Universitäten entfallen, „die unseren Standards entsprechen“.

Beim Klimaschutz will Nehammer auf „Hausverstand“ und „Fortschritt statt Verbote“ setzen.

  • Eine Milliarde Euro soll in eine Investitionsoffensive für „Grüne Verbrenner“ fließen.
  • Jedes Haus soll auch ein Sonnenkraftwerk werden, das sich so gut wie möglich selbst mit Energie versorgen kann. Dabei soll ein besonderer Fokus auf dem Ausbau von Speichersystemen liegen.
  • Für Unternehmen soll es ein eigenes Klimaticket geben, das von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Dienstfahrten genutzt werden kann

Nehammer ortet „Lücken im Rechtsstaat“, die er schließen will. Dazu fordert er:

  • Eine Klarnamenpflicht im Internet.
  • Volle Rückerstattung der Kosten bei Freispruch im Strafverfahren.
  • Stärkung des Persönlichkeitsschutzes von Beschuldigten

Unter dem Titel „Rot-Weiß-Rot Act“ betont die ÖVP, dass es mit ihr keine „Aufweichung“ bei der Vergabe der Staatsbürgerschaft und des Wahlrechts geben soll. Die „österreichische Leitkultur“ soll sich als nationales Kulturgut gesetzlich widerspiegeln.

In der Verwaltung schwebt Nehammer ein Gender-Verbot vor, wie er im Kapitel „Vernuft“ ausführt. Binnen-I, Sternchen und Doppelpunkte sollen demnach bis 2030 der Vergangenheit angehören - auch in Bildungseinrichtungen: „Gendern darf nicht prüfungsrelevant und in wissenschaftlichen Arbeiten verpflichtend vorgeschrieben sein“. „Sinnvoll“ findet Nehammer dagegen das Ausschreiben beider Geschlechterformulierungen.

Als Maßnahme im Kampf gegen Antisemitismus sieht der „Österreichplan“ ein Holocaust-Museum vor, zur Förderung der „Kulturnation Österreich“ nach dem Vorbild der französischen Académie des Beaux-Arts eine Akademie der Kultur.

Um die Rahmenbedingungen für den Spitzensport zu verbessern, will die ÖVP ein neues Nationalstadion bauen. Überhaupt soll es eine „Sport-Infrastruktur-Offensive“ geben.

Bauen will Nehammer auch Straßen: Dafür will er bis 2040 20 Milliarden Euro investieren.

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