Maciej Tadeusz Palucki: „Wichtiger denn je, Haltung zu zeigen“

Michèle Yves Pauty
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Maciej Tadeusz Palucki (45) ist Diversitätsmanager an der Boku in Wien. Wurzeln: Polen.

Die Presse: Wie ist es Ihnen ergangen, als Sie von dem Treffen in Potsdam gehört haben?

Maciej Tadeusz Palucki: Ich fühle mich an die Neunzigerjahre erinnert, als zwar eine etwas andere Terminologie, aber ähnliche Inhalte verbreitet wurden. Damals bekamen Politiker – durchwegs Männer – in wöchentlich erscheinenden Printmedien eine Plattform, um gegen „Ausländer“ Stimmung zu machen. Heute bedienen sich die Akteure sozialer Medien, um Othering, also Abwertung und Inferiorisierung der „anderen“, zu betreiben. Zum Beispiel österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit internationaler Geschichte. Dass es Herausforderungen im Kontext der Migration gibt, wird niemand bestreiten. Was mir Sorge bereitet, ist die Aufrüstung der Worte, und dass keine vernünftige Debattenkultur mehr möglich ist.

Welche Reaktion erwarten Sie von Politik und Zivilgesellschaft?

Es braucht einen breiten demokratischen Schulterschluss von Politik bis Wirtschaft – wie in Deutschland. Die Bilder der Hunderttausenden Menschen, die auf die Straße gegangen sind, sind ein Zeichen für ein friedliches Miteinander. Von der Politik erwarte ich mir, dass ebenfalls – über Parteigrenzen hinweg – ein klares Commitment gesetzt wird. Um eine positive Entwicklung zu erwähnen: die Positionierung vieler CEOs in Deutschland. 

Was wollen Sie einer ganz jungen Person mit Migrationshintergrund sagen, die verängstigt ist?  

Ich verstehe nur zu gut, wenn Menschen mit internationaler Geschichte und unterschiedlichen Alters ob der jüngsten Geschehnisse verängstigt sind. Viele junge Menschen, deren Großeltern als Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter gekommen sind, wurden hier geboren. Sie kennen oftmals keine andere Heimat. Österreich ist ihr Zuhause. Auf individueller Ebene halte ich es für wichtig, viel darüber zu reden, zuzuhören und Geschichten zu teilen. Als mir in den Neunzigerjahren ein Mitschüler in Tirol den Satz „Früher hätte man dich vergast“ mitgegeben hat, weiß ich heute, dass es besser gewesen wäre, gleich darüber zu sprechen, anstatt sprachlos zu sein. 30 Jahre später ist dieses Gedankengut leider immer noch da. Es ist wichtiger denn je, Haltung zu zeigen.

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