Quergeschrieben

Es ist nicht unanständig, über Steuersenkungen nachzudenken

Der Bundeskanzler präsentiert Pläne zur Entlastung der Bürger und erntet breite Ablehnung. Gerade von Arbeitnehmervertretern ist das eine seltsame Reaktion.

Karl Nehammer wird in diesem Leben wohl kein Volkstribun mehr, und man kann den sperrigen Leutnant der Reserve auch nicht als Politik-Messias inszenieren, wie die ÖVP das einst mit Sebastian Kurz getan hat. Aber der jüngste Auftritt in der Welser Messehalle ist dem Bundeskanzler gelungen. Zumindest die eigene Klientel wird es zu schätzen wissen, dass ihre Partei zur Abwechslung einmal in die Offensive geht.

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Außerdem liefert Nehammers „Österreich-Plan“ ausreichend Diskussionsstoff, um den politischen Betrieb eine Zeit lang zu beschäftigen. Interessant ist, ­woran sich die Kritiker in erster Linie ­stoßen: Das sind nicht so sehr die an­gekündigten Verschärfungen für Asylwerber, diverse Law-and-order-Fantasien oder Einschränkungen beim Gendern. Reihum zerpflückt werden vor allem Nehammers Steuerpläne. Unter anderem will die ÖVP den Eingangssteuersatz von 20 auf 15 Prozent senken, Überstunden steuerfrei stellen und die Lohnnebenkosten reduzieren. Wer Vollzeit arbeitet, soll zur Belohnung einen Steuerbonus von 1000 Euro pro Jahr bekommen. Die Reaktionen darauf in Kurzform: Jetzt ist die ÖVP komplett verrückt geworden.

Das geht alles überhaupt nicht, findet zum Beispiel das von der Arbeiterkammer finanzierte Momentum-Institut: Selbst die Umsetzung nur eines Teils dieser Vorschläge würde bis 2030 mehr als 31 Milliarden Euro kosten, rechnen die linken Ökonomen vor. Christoph Badelt, Chef des Fiskalrats, hält es zwar für eine legitime politische Position, die Einkommen steuerlich entlasten zu wollen. „Aber man muss trotzdem sagen, wie man den Staatshaushalt finanzieren und regeln will.“ Schon Wochen vor der Kanzlerrede hatte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian allfälligen Entlastungsideen jede Berechtigung abgesprochen: „Das mit den Lohnnebenkosten geht mir jetzt schon wirklich am Hammer“, erklärte er barsch. Bezahlt würden damit Errungenschaften, die der ÖGB über Jahrzehnte erkämpft habe. Ergo: „Das machen wir sicher nicht.“

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