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„Akute Gefahr für uns alle“: Trumps Nato-Sager schürt die Angst vor seinem Wahlsieg

Ex-US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlveranstaltung in South Carolina am Samstag.
Ex-US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlveranstaltung in South Carolina am Samstag.Reuters / Sam Wolfe
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Wer nicht genug Nato-Beitrag zahlt, werde nicht beschützt. Diese Aussage Trumps lässt die Unruhe in der Nato wachsen. Der deutsche Wirtschaftsminister fordert eine gemeinsame Rüstungsindustrie in Europa. Man müsse „mit dem Schlimmsten“ rechnen, mahnt der SPD-Außenpolitiker Michael Roth.

Rüstungsprojekte in Europa müssen laut der deutschen Bundesregierung auch in Hinblick auf die im November anstehende Präsidentenwahl in den USA einheitlicher geplant und umgesetzt werden. Dies sei die Aufgabe dieses Jahrzehnts, sagte der deutsche Vizekanzler Robert Habeck am Montag in Berlin. Noch gebe es jeweils eigene Rüstungsindustrien in den 27 EU-Staaten und zu wenig wirklich gemeinsame Projekte. „Wir müssen um die Wettbewerbsfähigkeit Europas in der Welt kämpfen“, so Grünen-Politiker und Bundeswirtschaftsminister Habeck. „Das schließt ausdrücklich auch den militärischen Komplex mit ein.“

Deutsche Außenpolitiker haben auf die Äußerung Donald Trumps, im Falle einer Wiederwahl säumige Nato-Bündnispartner nicht zu verteidigen, bestürzt reagiert und vor einer Wiederwahl des Ex-Präsidenten gewarnt. Trumps „irrlichternde Äußerungen“ würden erneut beweisen, „wie unberechenbar, skrupellos und unzuverlässig er ist“, sagte der Transatlantik-Koordinator der deutschen Bundesregierung, Michael Link (FDP), dem „Tagesspiegel“ (Montag).

Trump will Nato-Länder nicht schützen, die zu wenig gezahlt haben

Umso wichtiger sei es, „dass sich EU und Nato auf alle möglichen Szenarien vorbereiten und alles tun, um EU und Nato handlungsfähiger und wettbewerbsfähiger zu machen“, fügte Link hinzu. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Michael Roth (SPD), sieht in Trumps Drohungen einen Weckruf, nun verstärkt in Verteidigung zu investieren. „Hoffentlich wachen jetzt alle in Europa auf! Schönreden und Kopf in den Sand sind keine Strategie“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Sollte Trump wirklich wieder ins Weiße Haus einziehen, ist mit allem zu rechnen. Auch mit dem Schlimmsten.“

Trump hatte am Samstag bei einer Kundgebung im US-Bundesstaat South Carolina über ein nicht näher beschriebenes Treffen mit dem Präsidenten eines Nato-Staates berichtet. „Einer der Präsidenten eines großen Landes stand auf und sagte: ‚Nun, Sir, wenn wir nicht zahlen und von Russland angegriffen werden, werden Sie uns dann beschützen?‘ Ich sagte: ‚Sie haben nicht gezahlt, Sie sind säumig?‘“, berichtete Trump. In dem Fall werde er das Land nicht beschützen. Er werde Russland sogar ermutigen zu tun, „was immer sie wollen“, sagte Trump. Der Ex-Präsident hatte bereits in der Vergangenheit wiederholt betont, wie unfair es sei, dass die USA für die Verteidigung der 30 anderen Mitgliedstaaten einstehen müssten. Dabei kritisierte er vor allem, dass die Europäer nicht genügend Geld für Rüstung ausgäben.

Eine „akute Gefahr für uns alle in der Nato“

Wenn Trump die sich aus Artikel fünf des Nato-Vertrages ergebende Bündnis-Verpflichtung relativiere, öffne er „dem russischen Imperialismus Tür und Tor“, sagte Roth. Es bestehe eine „akute Gefahr für uns alle in der Nato“. Er forderte, die Europäer müssten „jetzt vor allem den Freiheitskampf der Ukraine entschlossener und weitreichender unterstützen“.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warnte indes in der „Bild“-Zeitung (Montag), Deutschland müsse sich „auf die Möglichkeit vorbereiten, dass Donald Trump die US-Wahl im Herbst gewinnt“. Die Nato würde das in eine existenzielle Krise stürzen, weil Trump das Verteidigungsbündnis rein transaktional verstehe, sagte der ehemalige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. „Wer aus seiner Sicht nicht ausreichend zahlt, wird von den USA nicht beschützt.“ Staaten, die aus Trumps Sicht nicht zahlten, erkläre er „zum Freiwild. Gemeint sind in erster Linie wir Deutschen.“

Deutschland müsse daher „verstehen, dass wir schon bald gar keine andere Wahl mehr haben könnten, als uns selbst zu verteidigen und das in einer Zeit, in der in Europa Krieg herrscht. Wir müssen das als Europäer schaffen, weil alles andere eine Kapitulation vor Putin wäre“, sagte Röttgen. Ganz konkret bedeute das, „dass wir in Europa die Rüstungsproduktion massiv hochfahren müssen“, forderte er.

Mehr Geld für Bundeswehr gefordert

Der Grünen-Außenpolitiker Anton Hofreiter bekräftigte seine Forderung nach einer Aufhebung der Schuldenbremse, um mehr Geld für die Bundeswehr bereitzustellen. „Am Ende brauchen wir ein neues 100-Milliarden-Paket“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestags am Montag im „Morgenmagazin“ der ARD. Angesichts der erforderlichen Summen reiche auch eine Priorisierung im Budget nicht aus. „Deshalb bin ich der Meinung, dass man am Ende nicht darum herumkommt, die Schuldenbremse aufzuheben.“

Russland will sich zunächst nicht zu den umstrittenen Äußerungen von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump zur Beistandspflicht der Nato äußern. Er sei immer noch der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, „aber nicht der von Trump“, sagte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau. Trump hatte am Samstag bei einem Wahlkampfauftritt die Beistandspflicht der Nato-Staaten im Fall eines Angriffs auf einen Mitgliedstaat der Allianz infrage gestellt.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wie auch das Weiße Haus kritisierten die Äußerung Trumps. Nach Artikel 5 des Nato-Vertrages gilt ein Angriff auf einen Mitgliedstaat als Angriff auf alle - der sogenannte Bündnisfall. (APA/AFP/Reuters)

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