Schule

Schüler mit Deutschdefizit oft schon in Österreich geboren

Viele Kinder können nicht ausreichend Deutsch.
Viele Kinder können nicht ausreichend Deutsch.Clemens Fabry
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Ein Drittel der Erstklässler in Wien hat außerordentlichen Status. Dabei haben die meisten von ihnen sogar den Kindergarten besucht.

Die Zahl der außerordentlichen Schülerinnen und Schüler in Wiens Volksschulen ist zuletzt um ein Viertel gestiegen, insgesamt konnten rund 13.500 Kinder im Schuljahr 2022/23 dem Unterricht wegen Deutschproblemen nicht ausreichend folgen. Unter Wiens Erstklasslern hat mittlerweile ein Drittel außerordentlichen Status. Dabei wurden zwei Drittel dieser Kinder in Österreich geboren, zeigt die Beantwortung einer ÖVP-Anfrage durch Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS).

Der überwiegende Teil der außerordentlichen Erstklassler hat hierzulande auch einen Kindergarten besucht, zwei Drittel länger als ein Jahr. Dass sie bis zum Schuleintritt dennoch nicht so gut Deutsch sprechen, dass sie in allen Fächern regulär benotet werden können, ist für Wiens ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß ein „massives Bildungs- und Integrationsversagen“. „Damit rauben SPÖ und Neos tausenden Kindern jedes Jahr ihre Zukunftschancen und lassen die Stadt mit massivsten Problemen zurück.“

Die Wiener ÖVP fordere schon lange eine massive Aufstockung der Deutschförderkräfte in Kindergärten und eine Kindergartenpflicht mit drei Jahren für alle, die nicht ausreichend Deutsch können, so der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer. Er warnte vor negativen Auswirkungen auf die Bildungschancen der Kinder. In weiterer Folge könne das zu Jugendarbeitslosigkeit, mangelnden Perspektiven, Kriminalität und Radikalisierung führen.

Warnung vor Überlastung

Bildungsstadtrat Wiederkehr hatte die steigende Zahl außerordentlicher Schüler zuletzt mit einer Zunahme bei den Familienzusammenführungen erklärt und vor einer Überlastung des Wiener Bildungssystems gewarnt. Wien übernehme schon die Grundversorgung von mehr Asylwerbern, als in der Quotenaufteilung zwischen den Bundesländern vorgesehen wäre. Zusätzlich kämen auch noch die meisten Flüchtlinge nach positivem Abschluss ihres Asylverfahrens nach Wien.

Wiederkehr forderte deshalb neben Strafzahlungen bei Nichterfüllung der Bundesländerquote auch, dass Nicht-Berufstätige, deren Asylverfahren abgeschlossen wurde, für drei weitere Jahre in dem Bundesland leben müssen, in dem das Verfahren durchgeführt worden ist. Um eine Überlastung der Schulen und außerordentlichen Schüler selbst zu verhindern, sollen Kinder, die noch nicht schulreif sind, weil sie etwa jahrelang in türkischen Flüchtlingslagern gelebt und noch keine Erfahrung mit Schule haben, in Wien ab diesem Semester zunächst vorschulische Orientierungskurse besuchen.

Darüber hinaus habe Wien bereits die Zahl der Sprachförderkräfte in den Kindergärten erhöht, was zeitversetzt auch eine Wende bei außerordentlichen Schülerinnen und Schüler bringen sollte. Bei den Sprachförderkräften soll auch weiterhin aufgestockt werden, die derzeit 400 sollen bis zum Herbst um 100 erhöht werden, bis Ende 2025 sollen 500 dazu kommen. Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr fordere Wiederkehr schon lange. „Das muss aber der Bund österreichweit umsetzen.“

Reif, aber mit Deutschdefizit

Als außerordentlicher Schüler bzw. außerordentliche Schülerin wird ein Kind dann eingestuft, wenn es zwar über die geistige Reife für die betreffende Schulstufe verfügt, aber dem Unterricht wegen mangelnder Deutschkenntnisse noch nicht folgen kann. Für maximal zwei Jahre können daher außerordentliche Schüler in jenen Gegenständen, in denen wegen Deutschproblemen noch keine positive Beurteilung möglich ist, nicht benotet werden.

Seit dem Schuljahr 2018/19 sieht das Schulorganisationsgesetz für außerordentliche Schüler bis zu 20 Stunden Deutschunterricht in separaten Deutschförderklassen vor. Wenn die Schüler schon etwas besser Deutsch sprechen, sind es sechs Stunden im Deutschförderkurs. Voraussetzung dafür ist eine Mindestzahl an Schülern, laut einer Befragung hält sich aber auch ein Drittel der Schulleitungen nicht an die Vorgaben und setzt wie früher auf Deutschförderung in regulären Klassen. (APA)

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