Estland

Russland fahndet nach Kallas: „Kreml wird mich nicht zum Schweigen bringen“

Archivbild der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas.
Archivbild der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas.Imago / Jonas Roosens
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Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas gilt als eine der entschlossensten Unterstützerinnen der Ukraine im Krieg gegen Russland. Nun wird sie in Russland wegen „einer Strafsache“ gesucht. Auch andere Politiker aus Ex-Sowjetstaaten landen auf der Fahndungsliste.

Russland hat Estlands Regierungschefin Kaja Kallas zur Fahndung ausgeschrieben. Dies geht aus einem Vermerk hervor, der am Dienstag auf der Internetseite des Moskauer Innenministeriums zu sehen war. Demnach wird Kallas in Russland wegen „einer Strafsache“ gesucht - genauere Angaben wurden nicht gemacht. Kallas war vergangene Woche in Wien und hatte als Gast von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) den Opernball besucht.

Die Fahndung gelte auch für den estnischen Staatssekretär Taimar Peterkop und den litauischen Kulturminister Simonas Kairys, hieß es am Dienstag in der Datenbank des Innenministeriums in Moskau. Der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, sagte in Moskau, Kallas würden feindselige Handlungen gegen Russland und die „Schändung des historischen Gedächtnisses“ vorgeworfen. Die russische Nachrichtenagentur Tass zitierte eine Quelle mit der Aussage, den dreien werde „die Zerstörung von Denkmälern für sowjetische Soldaten“ vorgeworfen.

Die baltischen Staaten hatten sich schon für unabhängig von der Sowjetunion erklärt, bevor diese Ende Dezember 1991 aufhörte zu existieren. Sie wollen zahlreiche Denkmäler aus Sowjetzeiten abbauen. 2022 verkündete Kallas, dass dies in Estland etwa 200 bis 400 Denkmäler betreffe. Russland leitete daraufhin Ermittlungen ein. Mehrere Dutzend baltische Politiker wurden auf Fahndungslisten gesetzt. Welche Straftat ihnen vorgeworfen wird, war aus den Daten nicht ersichtlich. 

Es handele sich erst um den Anfang, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. „Verbrechen gegen die Erinnerung an die Befreier von Nazismus und Faschismus müssen geahndet werden.“

Kallas gibt sich unbeeindruckt

Kallas meldete sich Dienstagnachmittag zu Wort. „Der Kreml hofft nun, dass dieser Schritt dazu Beitragen wird, mich und andere zum Schweigen zu bringen, aber das wird er nicht.“ Sie werde ihre starke Unterstützung für die Ukraine fortsetzen. „Ich werde weiterhin für eine verstärkte europäische Verteidigung einstehen“, so Kallas.

Über die Fahndungsdaten berichtete zunächst das unabhängige russische Internetportal „Mediazona“. Infolge der seit zwei Jahren andauernden russischen Offensive in der Ukraine sind die Beziehungen zwischen Moskau und den baltischen Staaten äußerst angespannt. Kallas ist eine der schärfsten Kritikerinnen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie steht in Estland seit 2021 an der Spitze der Regierung.

Profilierte Befürworterin von Waffenlieferungen an die Ukraine

Die estnische Ministerpräsidentin ist Vorsitzende der liberalen Estnischen Reformpartei und ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments der Alde-Fraktion. Die 46-jährige, die sowohl in der EU als auch in der Nato für höhere Weihen gehandelt wird, gilt in Europa als eine der entschlossensten Unterstützerinnen der Ukraine im Krieg gegen Russland. Seit Kriegsbeginn profiliert sie sich als entschiedene Befürworterin von EU-Sanktionen gegen Moskau und Waffenlieferungen an die Ukraine.

Kallas nahm sich im Zuge ihres Wien-Besuchs rund um den Opernball auch ausgiebig Zeit für ein Interview mit dem neuen englischsprachigen Debattenmagazin „European Voices“, das „Die Presse“ gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik und die Vereinten Nationen herausgibt und das am 15. Februar erscheint, das Interview können Sie hier (auf Deutsch) nachlesen. (APA/AFP/Reuters/Red.)

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