Glosse

Perfide Frage: Was ist mehr wert, die Kunst oder ein Mensch?

Ein russischer Künstler droht mit Vernichtung teurer Kunst, um Assange am Leben zu erhalten.

„Destruction in Art“ hieß 1966 ein legendäres Symposium, mit dabei auch die Wiener Aktionisten. Die Zerstörung war in der Kunst schon immer ein Mittel des Widerstands. Allerdings ging es dabei um Autodestruktion, des eigenen Körpers, der eigenen Kunst.

Was jetzt der bei Paris lebende russische Künstler Andrei Molodkin tut, hat damit nichts zu tun: Er gibt an, Werke der Kunstgeschichte als Versicherung für das Leben Julian Assanges benutzen zu wollen. Heute, Freitag, will er 16 Werke, darunter von Picasso, in einen Tresor sperren, der seinen angeblich 40 Mio. Dollar teuren Inhalt vernichtet, wenn es mehr als 24 Stunden kein Lebenszeichen Assanges gibt. Die Sammler, die die Werke zur Verfügung stellten, goutieren das Risiko.

Was für eine Perfidie, den Wert von Kunst gegen den Wert eines Menschen auszuspielen. Es provoziert ein Dilemma, das nur Schaden bringt, das unser Kulturerbe als Geisel unserer heutigen Kulturlosigkeit nimmt. Auch als Geisel eines mäßig erfolgreichen Künstlers, der sich nicht zu blöd dafür ist, bei den Klima-Aktivisten abzuschauen. Würde Molodkin seinen Landsmann Alexej Nawalny derart „schützen“ wollen, wäre sein Spuk jedenfalls bald vorbei.

E-Mails an: almuth.spiegler@diepresse.com

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