Kabarett

Wurstaufschnitt: Vom Popstar-Traum zum Kabarett-Debüt

Lionel Koller liest aus seinem Tagebuch vor.
Lionel Koller liest aus seinem Tagebuch vor. Anja Drechsler
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In seinem Kabarett-Debüt „Liebes Tagebuch, ich werde Popstar“ gibt Lionel Koller alias Wurstaufschnitt Einblicke in seine Jugend als Britney-Spears-Fan und Sohn einer japanischen Operettensängerin sowie in seine queere Selbstfindung.

Als Lionel Koller 14 Jahre alt war, wollte er Superstar werden – die nächste Britney Spears sozusagen. Es war das Jahr 2000, er war in seiner ersten „Langzeitbeziehung“ (zwei Wochen lang) und dank Pop-Ikone Spears auf einer „regelrechten Popwelle“, liest er aus seinem Tagebuch vor. 23 Jahre später hat er sich diesen Traum erfüllt: Er ist ein Star, ein ausverkaufter Saal jubelt ihm zu, aber anders als gedacht, gelten der Jubel und die vielen, vielen Lacher der Performance seines ersten Solo-Stand-Up-Programms „Liebes Tagebuch, ich werde Popstar“.

Er habe Imposter-Syndrom, erzählt Koller, der in den sozialen Medien als Wurstaufschnitt bekannt ist, zu Beginn seines Programms. Zu Deutsch: Er fühlt sich wie ein Hochstapler, dem bald alle anmerken würden, dass er keine Ahnung hat, von dem, was er macht. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt ist klar, dass Koller auf diese Bühne gehört. Sein Bühnenprogramm glänzt nicht nur dank Outfitwechsel und Tanzeinlagen, besonders gut gelingt es ihm, bildhafte Einblicke in seine Jugend zu geben: Er spricht beispielsweise darüber, was ihn als Millennial ausmacht (Skinny Jeans!), dass er sich manchmal einen österreichisch klingenden Namen gewünscht hat (und alles, was sonst noch zum Leben eines Kindes mit Migrationsgeschichte gehört) und wie seine Ausflüge in Wiens queere Clubs und World Wide Webs queeren Seiten verliefen.

Lieber Popstar als Diplomat

Doch die prominenteste Rolle an diesem Abend spielt Kollers Mutter: „Wo war ich nochmal stehen geblieben?“ „Bei deiner Mutter“, tönt es aus dem Publikum. Seine Mutter, die japanische Operettensängerin, die sich eine Diplomaten-Karriere für ihren Sohn gewünscht hat und Menschen anhand ihrer Blutgruppen kategorisiert (Spoiler: 0 ist Schwiegersohnmaterial!). Koller lässt seine Mutter auf der Bühne mehrmals lebendig werden: In Rollenspielen führt er Gespräche zwischen den beiden vor, als er ihr beispielsweise beichtete, lieber Popstar als Diplomat werden zu wollen. Zu einem späteren Zeitpunkt schlüpft er in die Rolle seiner Mutter als Armin Wolf-Ersatz, die Herbert Kickl in der ZIB 2 interviewt. Diesem Exkurs in die Politik hat es an Witz nicht gefehlt, es hätte ihn aber auch nicht gebraucht: Er brillierte vor allem bei den Erzählungen aus seinem persönlichen Leben.

Es gibt Momente, da spürt man, dass man bei der Premiere seines ersten Soloprogramms sitzt. Bei einem der seltenen Male, bei denen weniger Lacher kamen, als vielleicht erhofft, schiebt Koller gleich ein „der Witz kommt nicht mehr“ nach. Gleichzeitig ist klar, dass Koller geübter Satiriker ist, denn es geht ihm so leicht von der Hand: Die Pointen, das Timing, die Gesichtsausdrücke und besonders die Überleitungen (weniger mit Worten, mehr mit Bewegungen). Zum Schluss gibt es eine Überraschung, die noch einmal klar macht: An Abwechslung fehlt es diesem Programm in keiner Weise.

Termine

30.5.2024, 20 Uhr, KULISSE Wien

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