FPÖ-Chef Kickl

Blaue Frontalattacke gegen den Ukrainekrieg

FPÖ-Parteichef Kickl rückte Karoline Edtstadler am Dienstag in Putins Nähe.
FPÖ-Parteichef Kickl rückte Karoline Edtstadler am Dienstag in Putins Nähe. ROLAND SCHLAGER
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Den „Irrsinn“ des Ukraine-Kriegs könne nur er als „Volkskanzler“ beenden, sagt Herbert Kickl. Wie? „Wir müssen unser Verhältnis zu Russland normalisieren“.

Programmatisch dürfte der Sager von Emmanuel Macron nach dem spontanen Ukraine-Gipfel in Paris nicht nur Herbert Kickl eine Steilvorlage geboten haben. Der französische Staatschef hatte nach einem kurzfristigen Treffen einiger EU-Regierungschefs am Montagabend erklärt, dass eine Entsendung von Nato-Bodentruppen in die Ukraine „nicht ausgeschlossen“ werden könne. FPÖ-Chef Kickl widmete seine als Plenarvorschau gedachte Pressekonferenz dem Sager. Mehrfach bezeichnete er die finanzielle Unterstützung der Ukraine sowie die Sanktionen gegen Russland als „Selbstmordanschlag“ auf die europäische Wirtschaft und Bevölkerung.

1. Herbert Kickl warnt vor einer „Endsieg-Mentalität“. Was meint er mit dem NS-Zitat?

Mit dem an die NS-Diktion vom „Endsieg“ angelehnte Wortschöpfung wollte der FPÖ-Chef wohl zum Ausdruck bringen, wem er die Schuld an der „Eskalationsspirale“ im Ukraine-Krieg zuschreibt: der „desaströsen und heuchlerischen“ Ukrainepolitik seitens EU und USA. Man wolle offenbar „mit dem Kopf durch die Wand“. Damit spielte er auch auf die Ankündigung Macrons am Vortag an, die „nur Öl ins Feuer gießen“ würde. Von einer „Endsieg-Rhetorik“ hatte Kickl schon im Vorfeld der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij gesprochen, bei der die FPÖ aus Protest den Saal verließ. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rückte am Dienstag bereits aus, um zu versichern, dass die Nato keine derartigen Pläne habe. Ein Einsatz von Kampftruppen vor Ort in der Ukraine sei nicht geplant. Mehrere EU-Länder hatten Macron für seinen nicht akkordierten Vorstoß gescholten. Auch der österreichische Außenminister: Das gehe „in die Gegenrichtung“ zu dem, was es derzeit eigentlich brauche, nämlich eine „diplomatische Perspektive“, kritisierte Alexander Schallenberg (ÖVP).

2. Für Kickl sind die Sanktionen ein ökonomischer „Selbstmordanschlag“. Sind sie das tatsächlich?

Mit dem Verweis auf vermeintliche frühere „Putinversteher“, gemeint waren Alexander Van der Bellen und Karoline Edtstadler, die Putin auch gleich auf einem Foto mit Putin 2018 in die TV-Kameras hielt, versuchte Kickl die „Doppelstandards“ im Umgang mit Russland im Vergleich zu Regimen wie Saudiarabien oder China aufzuzeigen. Aus seiner Sicht seien die Sanktionen zudem ergebnislos: „Die Opfer waren umsonst“, betrauerte er die „Entbehrungen“, die die Ukrainepolitik der Bevölkerung (hohe Preise, Gaslieferungen, „Zerschlagung der Neutralität“) zumuteten. Tatsächlich war die Inflation in Österreich über Monate höher als in den meisten EU-Staaten. Inzwischen aber sinkt sie auch hierzulande deutlich, im Jänner laut Statistik Austria auf 4,5 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert seit Dezember 2021. Im Dezember 2023 lag sie noch bei 5,6 Prozent.

Und „umsonst“ waren die inzwischen 13 EU-Sanktionspakete gewiss nicht, obwohl die russische Wirtschaft tatsächlich nicht wie erhofft deutlich stärker geschrumpft ist. 2023 verzeichnete Russland sogar wieder ein Wirtschaftswachstum. Das auch deshalb, weil die Sanktionen vielfach umgangen werden und die Gaslieferungen immer noch Milliarden in die russische Staatskasse spülen. Diese sinken aber deutlich, weil Europa nun immer diversere Gasquellen anzapfen kann. Dennoch sieht Kickl nur eine Möglichkeit, „diesen Irrsinn zu beenden“, nämlich: „Wir müssen bei der EU-Wahl und später bei der Nationalratswahl gewinnen“. Nur so komme man heraus „aus dem selbstmörderischen Sanktionsregime“. Dafür wolle er die „Beziehungen zu Russland normalisieren“. Konkret stellt er sich vor, die Situation von vor Februar 2022 wiederherzustellen, wobei die Ukraine zusichern müsse, kein Nato-Mitglied zu werden. Die Krim-Frage solle, wie bereits im Raum stand, vorerst „auf Eis gelegt werden“.

3. Kickl nennt die Frauenmorde in Wien als „Eintrittsabo“ in das Sozialsystem. Sind sie das?

Auch zum innenpolitischen Angriff setzte Kickl am Dienstag an. Die „bestialischen Frauenmorde“ am Wochenende nutzte er für eine Abrechnung mit der gescheiterten Asylpolitik. Wenn grausame Morde ein „Eintrittsabo in das Sozialsystem“ bedeuteten, beginne die Gesellschaft zu kippen. Tatsächlich kann der afghanische Täter aufgrund der Lage in Afghanistan nicht abgeschoben werden. Wird er verurteilt, verbleibt er im Justizvollzug. In diesem Fall greift der Strafanspruch des österreichischen Rechtsstaats, der die Unversehrtheit der Rechtsordnung einhalten muss. ÖVP-Frauenministerin Raab betonte am Dienstag, dass ein Großteil der Femizide ohnehin im familiären Umfeld der Frau stattfinde, wenngleich man den überproportionalen Anteil von Tätern mit Migrationshintergrund auch ansprechen müsse. Man dürfe dennoch nicht „in politischen Aktionismus“ verfallen.

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