Morgenglosse

Ein Warnsignal für Joe Biden

Pro-palästinensische Aktivisten feiern in Michigan den Erfolg ihrer Kampagne.
Pro-palästinensische Aktivisten feiern in Michigan den Erfolg ihrer Kampagne. AFP / Jeff Kowalsky
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Bei der Vorwahl in Michigan verpassten fast 15 Prozent der demokratischen Wähler dem Präsidenten einen Denkzettel. Der Grund: seine Nahost-Politik. Biden hat die Zeichen verstanden.

In einem libanesischen Restaurant in Dearborn, einer Hochburg der arabischstämmigen Gemeinde in den USA, feierte die pro-palästinensische Bewegung den Ausgang der Vorwahl in Michigan demonstrativ mit der Kufiya, dem Palästinensertuch. Und auch auf dem Campus in Ann Arbor, der University of Michigan, zelebrierten die Studentinnen und Studenten eine Wahlparty.

Rund 13 Prozent, womöglich bis zu 100.000 Demokraten, hatten bei der Primary in dem Industriestaat unentschieden gestimmt - also nicht für Joe Biden, dem einzig ernstzunehmenden Kandidaten ihrer Partei auf dem Wahlzettel. Sie waren einer Boykott-Kampagne unter Führung Rashida Tlaibs, der einzigen demokratischen Abgeordneten mit palästinensischen Wurzeln im Repräsentantenhaus in Washington, gefolgt. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, dem Präsidenten wegen seiner Nahost-Politik einen Denkzettel zu verpassen.

Für Biden ist das Protest-Votum ein unmissverständliches Warnsignal. Sollten die arabischstämmige Community und die Studenten der Präsidentenwahl am 5. November fernbleiben, könnte einer der entscheidenden Swing States im Mittleren Westen kippen und ins Lager Donald Trumps fallen. 2020 hatten 150.000 Stimmen den Ausschlag gegeben für Biden, 2016 hatte Trump indes mit 11.000 Stimmen Vorsprung gegenüber Hillary Clinton gewonnen.

Der Unmut in den beiden wichtigen Wählerschichten sitzt tief. Das konstatierte auch der prominente Meinungsforscher James Zogby, der Gründer des Arab-American-Institute. Biden hat die Zeichen verstanden. Er setzt die israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu seit Monaten unter Druck - für den Geschmack vieler Demokraten aber zu wenig. Jetzt plädiert der US-Präsident mit Nachdruck für einen neuen Geiseldeal und einer Feuerpause im Gazastreifen während des Ramadan.

Joe Biden kann nur hoffen, dass sich die Unzufriedenheit mit seiner Nahost-Politik bis zur Wahl im Herbst gelegt haben, die Hamas besiegt und der Krieg zu Ende gegangen sein wird. Und vor allem, dass die frustrierten Wähler die Alternative Donald Trump so abschrecken wird, dass sie das kleinere Übel wählen.

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