Glosse

Das Schaltjahrkind Rossini ist eigentlich noch keine 60

Sein „Barbier von Sevilla“ ist nicht einmal umzubringen, wenn man ihn als Slapstick-Vorlage nutzt: Gioachino Antonio Rossini auf einer Fotografie des frühen französischen Fotografen Nadar (Gaspard Felix Tournachon) aus den Jahren 1855-1857, nachkoloriert.
Sein „Barbier von Sevilla“ ist nicht einmal umzubringen, wenn man ihn als Slapstick-Vorlage nutzt: Gioachino Antonio Rossini auf einer Fotografie des frühen französischen Fotografen Nadar (Gaspard Felix Tournachon) aus den Jahren 1855-1857, nachkoloriert. IMAGO/© Stefano Bianchetti
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Vor seinem Weg in die Haute Cuisine wies er noch schnell den Weg zur künftigen Grand Opéra: Ein Toast zum Achtundfünfziger auf den Meister des Belcanto, der am 29. Februar 1792 zur Welt kam.

Die Opernwelt feiert jeden 29. Februar. Heute zelebriert sie den 58. Geburtstag Gioacchino Rossinis. Natürlich verrechnen sich musikalische Menschen immer, sobald sie den Tücken der Mathematik und der astronomischen Präzision ausgesetzt sind. Kaum dividiert unsereiner irgendetwas durch vier, kommen die in nützlicheren Fächern Gebildeten und belehren uns, dass die Jahre 1800, 1900 und 2000 angeblich nicht mitgerechnet werden sollen.

Wie auch immer: Der Komponist des „Figaro da, Figaro dort“ zählt auf jeden Fall schon einiges über 50 Schaltlenze, ohne dass seine Musik ihren jugendlichen Charme eingebüßt hätte. Wie Wien in jüngster Zeit beweist: Ein „Barbier von Sevilla“ ist nicht einmal umzubringen, wenn man ihn als Slapstick-Vorlage nutzt, statt die hinreißende Geschichte zu erzählen, wie sie schon vor mehr als 200 Jahren einen Ludwig van Beethoven in Rage versetzt hat.

Beethoven: „Machen Sie viele Barbiere!“

Der hat sich über die wienerische Rossinimania heftig beschwert, seinem Gast aber nach dessen Höflichkeitsbesuch anerkennend nachgerufen: „Machen Sie viele Barbiere!“ Als Symphoniker hat ihm der produktive Mann aus Pesaro, der schon einmal eine Oper in 14 Tagen schreiben konnte, ohnehin keine Konkurrenz gemacht. Die beiden Genies wussten, was sie aneinander hatten!

Mancher Kollege kam an Rossini freilich nicht vorbei. Bevor er sich in der „Hälfte des Lebens“ aus dem Opernbetrieb zurückzog, um sich nur noch der Kreation aufwendiger Kochrezepte zu widmen, wies er mit seinem „Wilhelm Tell“ noch schnell den Weg zur künftigen Grand Opéra. Die Folgen mussten Meyerbeer und Co. ausbaden, und sie sind sogar noch in Wagners „Meistersingern“ und der „Götterdämmerung“ zu erahnen. Unsern Jubilar hat das nicht tangiert. Auch dafür bleibt er uns teuer: als Großmeister des Belcanto. Auf viele weitere Schaltjahre!

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