Formel 1

Horner: Die gefährliche Lagerbildung bei Red Bull

Max Verstappen, Chalerm Yoovidhya und Christian Horner: Kann sie die Affäre trotz der Erfolge trennen?
Max Verstappen, Chalerm Yoovidhya und Christian Horner: Kann sie die Affäre trotz der Erfolge trennen?Imago / Zak Mauger
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Sportlich hat der durch Christian Horners Chat-Affäre aufgewirbelte Staub keinerlei Auswirkung, Red Bull Racing und Max Verstappen fahren der Konkurrenz auf und davon. Aber, was löst es intern für Prozesse aus? Wer steht zu wem, warum? Und, was sind die Folgen?

Man flog in unterschiedlichen Flugzeugen aus Sakhir und Bahrain weg. Aber, landet man wieder geeint beim nächsten Formel-1-GP in Saudi-Arabien? Ein wütender Vater, gespaltene Lager und mittendrin der derzeit überragende Pilot der Formel 1, der für manche schon nach dem Auftakt in Bahrain als erneuter Weltmeister feststeht. Ausgerechnet Max Verstappen gerät beim Streit um Teamchef Christian Horner in die Wirren eines scheinbar bereits eskalierten Machtkampfes bei Red Bull. Das nächste Kapitel droht in dieser Woche vor dem Großen Preis von Saudi-Arabien.

Der Lagerkoller

Auf der einen Seite steht Horner, 50 Jahre alt, Brite, Teamchef seit dem Einstieg von Red Bull 2005. Keiner, der Konflikten aus dem Weg geht. Horner weiß, wie Politik in der Motorsport-Königsklasse gemacht wird. Er war Trauzeuge des jahrelangen ehemaligen und supermächtigen Formel-1-Geschäftsführers Bernie Ecclestone und wurde früher auch schon mal als dessen Nachfolger gehandelt. Unterstützt wird Horner dem Vernehmen nach von den thailändischen Mehrheitseignern von Red Bull.

Milliardär Chalerm Yoovidhya reiste mit Gattin am Wochenende sogar eigens nach Bahrain - durchaus ein Zeichen, so oft war er nicht bei einem Rennen.

Auf der anderen Seite bilden Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko und auch die Verstappens das gegnerische Lager. Marko, 80, und ebenfalls seit dem Einstieg dabei, war ein enger Vertrauter des im Oktober 2022 gestorbenen Red-Bull-Gründers Dietrich Mateschitz. Marko ist auch der Talentesichter und -förderer von Red Bull. „Die Schule des Doktors“, titelte das Hausmagazin einmal: Sebastian Vettel und Verstappen gingen durch die harte Lehre beim promovierten Rechtswissenschaftler. Auch Marko kennt sich im Mikrokosmos Fahrerlager bestens aus, auch er weiß, welche Manöver welche Wirkung auslösen.

Warum die Eskalation? Warum jetzt?

Schon im vergangenen Jahr war von einem Machtkampf die Rede. Horner wollte Marko angeblich loswerden. Nach dem Tod von Mateschitz soll er versucht haben, seinen Machtbereich zu vergrößern. „Ich habe einen Vertrag bis Ende 2024, und am Ende ist es die Entscheidung der Shareholder, nicht die von Christian Horner, und letztendlich entscheide ich über mich“, betonte Marko damals. Das Team fährt zwar mit einer österreichischen Lizenz, Heimat ist aber Milton Keynes in England, nicht weit weg von Horners Wohnsitz.

Nachdem Horner sich dem Vorwurf einer Mitarbeiterin ausgesetzt gesehen hatte, dieser aber nach einer externen Untersuchung abgewiesen worden war, scheinen seine Gegner die ohnehin weiter heikle Lage zu nutzen. Zwei E-Mails, die anonym unter anderem an Teamchefs und Verantwortliche der Formel 1 sowie des Automobilweltverbandes verschickt worden waren, ließen die Angelegenheit um angeblich unangemessenes Verhalten Horners mehr denn je hochkochen. Laut Vater und ehemaligem Rennfahrer Jos Verstappen ist das Team gar kurz vor der Explosion.

Die Rolle der Verstappen-Familie

Einem Bericht der britischen BBC zufolge soll FIA-Boss Mohammed Ben Sulayem in Bahrain Verstappen um öffentliche Unterstützung für Horner gebeten haben. Der 26 Jahre alte dreimalige Weltmeister hatte sich zuvor nicht gegen seinen Teamchef ausgesprochen, seine Worte hatten aber auch eher Züge gebremster Rückendeckung.

Max Verstappen ist - ob er will oder nicht - auch das Druckmittel seines Vaters. Ein vorzeitiger Weggang wäre für das Team ein Totalschaden, sowohl vom Image als auch sportlich. Sein Vertrag ist bis Ende 2028 gültig. Dass sich Vater Jos in Bahrain einmal mit Mercedes-Teamchef Toto Wolff unterhielt, ließ die Fantasie vieler aufblühen. Denn: Nach dieser Saison wird beim deutschen Werksteam das Cockpit von Rekordweltmeister Lewis Hamilton frei, er wechselt zu Ferrari.

Das heißt erstens: Mercedes braucht einen Ersatz und der höchst gewiefte Wolff hatte schon nach Hamiltons Wechselankündigung praktisch nichts ausgeschlossen. Warum sollte er auch? Das heißt aber auch zweitens: Verstappen hat ungeachtet seiner herausragenden Qualitäten nicht so viele Optionen, würde er wirklich wechseln. Ferrari ist mit Hamilton und Charles Leclerc 2025 schon ausgebucht. Rein sportlich wäre alles außer der Fortsetzung seiner Karriere bei Red Bull - Stand jetzt - ein Rückschritt.

Die Folgen

Es gibt einige Varianten: Horner könnte angesichts des Drucks zurücktreten. Ob er dafür der Typ ist: sehr fraglich. Jos Verstappen könnte seine mehr oder weniger unverhohlene Forderung nach einer Ablösung an der Spitze des Teams zurücknehmen. Auch diese Möglichkeit: sehr fraglich. Die thailändischen Mehrheitseigner könnten ein Machtwort sprechen - Frieden und Harmonie sähe danach aber wohl auch anders aus. Oder Max Verstappen könnte die beiden Lager zur Vernunft bringen. Die Frage ist, ob er das will.

Was passieren wird? RB Racing fährt weiter in Richtung Erfolg. Intern wird es weiter bröckeln, bis irgendwann eine Zündschnur nicht mehr abzuschneiden ist.

(dpa/apa/fin)

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