Ökologie

Regenwald der Österreicher bekommt einen digitalen Zwilling

Ein Blick in den reichhaltigen Tropenwald im Nationalpark Piedras Blancas.
Ein Blick in den reichhaltigen Tropenwald im Nationalpark Piedras Blancas. Daniel Schaber
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In Costa Rica erfassen jetzt Laserscanner aus Flugzeugen und vom Boden aus den Regenwald um La Gamba mit hoher Auflösung. Aus den „Lidar“-Daten entsteht ein Computermodell, das den Wandel der Artenvielfalt und den Erfolg von Wiederbewaldung zeigt.

Der Regenwald der Österreicher ist ein beliebtes Ziel für Urlaube und für Forschende. Die Forschungsstation La Gamba liegt direkt im geschützten Gebiet, das Teil des Nationalparks Piedras Blancas im Südwesten von Costa Rica ist. Hier haben Anton Weissenhofer und Werner Huber, damals Studenten der Uni Wien, vor 30 Jahren eine Finca, die der VereinRegenwald der Österreicher erworben hatte, zu einer provisorischen Feldstation umgestaltet. Heute ist dort ein ganzjähriger Forschungsbetrieb mit Köchin, Gärtner und Hausmeistern, in dem Forschende aus aller Welt mit Hightech-Ausrüstung arbeiten.

Tiere und Pflanzen klar erfassen

Das neueste Projekt will die einzigartige Umgebung im Nationalpark jetzt verdoppeln, und zwar als digitalen Zwilling. So nennt man in der Industrie eine digitale Blaupause von technischen Abläufen, damit man am Computer Dinge ausprobieren kann, ohne den Betrieb aufzuhalten. „An uns ist die schwedische Firma Hexagon herangetreten, um ein Stück Regenwald so genau wie möglich zu vermessen und ein digitales Abbild in höchster Genauigkeit zu schaffen“, erzählt Anton Weissenhofer (Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Uni Wien), der langjährige Leiter der Tropenstation La Gamba, im Online-Interview aus Costa Rica.

Ein digitaler Zwilling soll nicht nur das Relief der Landschaft zeigen, sondern auch die Pflanzen- und Tierarten genau umfassen. Die Datenaufnahme klappt aus der Luft mit bemannten Flugzeugen und am Boden mit Begehungen im Regenwald. Die Geräte, die alle Bäume, Büsche, Hügel und Wiesen fast auf den Zentimeter genau abscannen, heißen Lidar (Light Detection and Ranging). Die mit dem Radar verwandte Lasertechnik tastet die Erdoberfläche optisch ab.

Das klappt für die Pflanzenwelt sehr gut. Die Tierwelt wird zudem durch Akustiksensoren und Bildfallen dokumentiert. „Mit dem digitalen Modell des Regenwaldes können wir schauen, welche Wiederbewaldung gut läuft und wo es hapert“, sagt Weissenhofer. Eines der Herzprojekte der Tropenforscher ist die Erstellung des „Biologischen Korridors La Gamba“ („Cobiga“), einer Verbindung des Tieflandregenwaldes der Golfo-Dulce-Region mit den Bergregenwäldern bei Fila Cal.

Tropenstation La Gamba
Tropenstation La GambaChristian Hartmann

„Wir vernetzen die fragmentierte Landschaft. Durch genaue Studien lernen wir, wo es sich lohnt, neue Bäume zu pflanzen. International wächst nämlich in Wiederbewaldungsprojekten der Großteil von neu gesetzten Bäumen gar nicht an“, sagt Weissenhofer. Mit dem digitalen Modell kann die Artenanreicherung noch exakter untersucht werden als bisher. „Es ist immer eine Freude, wenn in einer früheren Brache der erste Waldvogel brütet“, sagt Weissenhofer.

Forschung in La Gamba

„Die Presse“: Düfte aus dem Blütenkessel

In einem ökologisch sinnvoll bewaldeten Gebiet ist viel CO2 gebunden, langfristiger als in Plantagen. „Uns geht es aber nicht darum, CO2-Zertifikate zu verkaufen. Wir wollen vielmehr die Artenvielfalt als etwas Schützenswertes etablieren, damit sich Sponsoren auch um die Biodiversität bemühen.“

Mehr katastrophale Niederschläge

Der Klimawandel betrifft die Region um La Gamba bisher weniger durch steigende Temperaturen, aber mit viel mehr Extremniederschlägen: „Über das Jahr gemittelt haben wir hier nicht mehr Regen als früher. Aber es kommt viel öfter zu Starkregen.“

Die Einheimischen erzählen, dass man früher leichter abschätzen konnte, wann man welche Nutzpflanzen anbauen kann und wann nicht. Weissenhofer arbeitet seit vielen Jahren in La Gamba nicht nur als Forscher, sondern auch als Naturschützer, der Interessierte durch die Region Golfo Dulce führt (Reise-Infos auf www.lagamba.at).

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