Konzertfilm

Taylor Swift mit „The Eras Tour“ jetzt auf Disney+: Eine Pop-Kriegerin mit verschwitztem Haar

Stolz und breitbeinig in ihren Glitzerstiefeln: Power-Posen hat Taylor Swift perfektioniert.
Stolz und breitbeinig in ihren Glitzerstiefeln: Power-Posen hat Taylor Swift perfektioniert.
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Wie eine Amazone stolziert Taylor Swift über die Bühne, wirft Kusshände in die Menge – und schwitzt dabei doch wie ein echter Mensch: In ihrem dreieinhalbstündigen Konzertfilm kann man zusehen, wie aus einem übergroßen Popstar ein irgendwie auch nahbarer Popstar wird.

170.000 Fans harren seit Monaten einem Konzertereignis, das vieles in der Geschichte der Wiener Pop-Spektakel in den Schatten stellt: Im August kommt Taylor Swift endlich für drei Abende ins Ernst-Happel-Stadion. Ihre „Eras Tour“, eine Werkschau von Taylor Swifts kompletter Karriere, hat dank immens geschickter Vermarktung längst den Status eines epochalen Mega-Pop-Events. Vor einem Jahr schon begann Swift ihre Stadiontournee, die sie in insgesamt 146 Konzerten auf alle Kontinente führen wird. Dafür, dass die Erregung bei den Wiener Ticket-Besitzern bis zum Konzerttermin nicht abflaut, sorgen nicht nur Filmschnipsel in den sozialen Medien, die jede Outfit-Wahl, jeden Bad-Hair-Moment und jeden Augenblick der Überwältigung der Sängerin von den aktuellen Tourneestationen in die ganze Welt tragen.

Einen Vorgeschmack (manche würden vielleicht meinen: einen Spoiler) aufs Konzert liefert auch der Konzertfilm „Taylor Swift – The Eras Tour“, den zu sehen den Fans immer leichter gemacht wird: Erst lief er im Oktober in den Kinos, dann ließ er sich im Dezember online streamen (für stolze 16 Euro Leihgebühr), jetzt läuft er auch im Abo des Streamingdienstes Disney+ an.

Der Film zeigt – mit einigen Längen, aber die Euphorie im Stadion wirkungsvoll einfangend – eine Show, die in vieler Hinsicht als gigantisch bezeichnet werden kann. In zehn Blöcken, einem für jede „Ära“, wird hier ein bunt glitzerndes, perfekt durchgestyltes und aufwendig inszeniertes Spektakel ausgerollt.

Der selbstbewussteste Popstar unserer Zeit

Anfangs fliegt die Kamera zur Bühne des SoFi-Stadions in Los Angeles hinab, wo im August drei Shows gefilmt und zusammengeschnitten wurden. Tänzer schwenken gigantische, muschelförmige Fächer, aus diesen wird Taylor Swift geboren: Im pastellbunten Glitzerbody (dem ersten von mehreren an diesem Abend) und passend funkelnden Stiefeln wirft sie Kusshände in die Menge. Die Bühnentechnik ist sagenhaft, doch überstrahlt wird alles von Swift, die – in Sam Wrench‘ gestochen scharfer Film-Inszenierung wohl noch deutlicher als im Live-Erlebnis – wie eine Amazone über die Szenerie ragt.

Ihre Choreographie ist eine nahtlose Aneinanderreihung von Power-Posen: Unermüdlich stakst sie den langen Bühnensteg wie einen Catwalk auf und ab, wirft in großen glamourösen Gesten die Arme um sich, stemmt die Hüfte zur Seite, während sie stolz und breitbeinig in ihren Glitzerstiefeln steht. Mitunter erinnert sie dabei an Anime-Kriegerinnen wie Sailor Moon, während sie das jubelnde Publikum wie auch ihre Armada an Tänzerinnen, Tänzern und Background-Sängerinnen mit dem kleinen Finger dirigiert. Ihre Songtexte mögen die Lebenswelt eines amerikanischen Small-Town-Girls wachrufen; wenn sie kokett-theatralisch die Augen überdreht, fröhlich lachend über die Bühne hopst oder ihr Entzücken über die Masse an Fans ausdrückt, dann sieht man in ihr ein Mädchen, mit dem man Spaß haben kann. Und doch bleibt kein Zweifel, dass hier ein Megastar über die Bühne tollt, der sich seines übergroßen Formats sehr bewusst ist.

An Selbstbewusstsein mangelt es Swift nicht. Sie behauptete sich bekanntermaßen in einem Disput mit Apple, einem Gerichtsprozess gegen einen Grabscher und im Zwist mit der Plattenfirma Big Machine Records, die die Rechte an ihren frühen Alben hält: Eines nach dem nächsten nimmt sie neu auf, am 27. Oktober erscheint „1989 (Taylor’s Version)“ mit den Megahits „Blank Space“ und „Shake it off“, die Swifts endgültigen Übergang von der Country- auf die Popbühne markierten.

Leuchtende Fahrräder und ein Klavier aus Moos

Mit erst 34 Jahren blickt sie auf eine 17 Jahre umspannende Karriere zurück, die sie jetzt schon in Früh- und Spätwerk gliedert, mit allerlei Etappen dazwischen: Jedes Album wird zu einer „Ära“ hochstilisiert. Das Zelebrieren dieser „Eras“ hat Swift perfektioniert. Die sphärisch-verträumte Ästhetik des Albums „Lover“ eröffnet den Reigen, zu „Evermore“ verwandelt sich die Bühne in einen Märchenwald, während Swift im Kapuzenumhang einen Hexenzirkel einberuft, um sich dann an ein Klavier aus Moos zu setzen. Immer wieder greift sie auch zur Gitarre, während die komplett aus Screens bestehende, blockweise hoch- und niederfahrende Bühne ganze Welten entstehen lässt: ein Bürogebäude, ein Puppenhaus, ein Spiegelkabinett voller (unterschiedlich gekleideter) Taylor Swifts. Ein bisschen Zaubershow, ein bisschen Theater, dazu kristallklar tönend ihre vielen eingängigen Hits.

Mit erst 34 Jahren blickt Taylor Swift auf eine 17 Jahre umspannende Karriere zurück.
Mit erst 34 Jahren blickt Taylor Swift auf eine 17 Jahre umspannende Karriere zurück.AMC Int.

Schließlich beginnt der Konzertblock zum Album „1989“ (das Outfit dazu: ein Ensemble aus Croptop und Minirock, natürlich glitzernd). Zu „Blank Space“, jenem Lied, in dem Taylor Swift sich vorstellt, lustvoll Männer zu verschleißen – ein Verhalten, das ihr von Klatschmedien attestiert wurde –, wird sie von Tänzern auf leuchtenden Fahrrädern umkreist, bevor mit ebenso leuchtenden Golfschlägern auf ein virtuelles Auto eingeschlagen wird. Zu „Shake it off“, jener Pfeif-drauf-Hymne im Cheerleader-Gestus, könnte man auch auf der Wohnzimmer-Couch einen leichten Drang zum Mitwippen verspüren.

Bisher unveröffentlichte Akustik-Songs

Über 260 Millionen Dollar spielte der Film weltweit in den Kinos ein. Medienberichten zufolge zahlte der Streamingdienst Disney+ 75 Millionen Dollar für die Streaming-Rechte – und setzte sich in einem Bieterstreit gegen Netflix und Universal Pictures durch. Ab Freitag, 15.3. ist der Film nun verfügbar, in einer im Vergleich zur Kinoversion verlängerten Fassung, die sich „Taylor‘s Version“ nennt – ein Zusatz, der Swift-Fans gut geläufig ist, nennt die Sängerin doch ihre selbst neu aufgenommenen Alben stets so. Die Streaming-Version enthält vier zusätzliche, nicht in Kinos gezeigte Songs: Berichten zufolge soll es sich dabei um eine Auswahl von Akustik-Songs handeln.

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